Wegen der Korruptionsvorwürfe haben Ermittler der Generalstaatsanwaltschaft München und des Bayerischen Landeskriminalamts am Donnerstag nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ein zweites Mal beim bayerischen AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron durchsucht. Die Generalstaatsanwaltschaft München bestätigte auf SZ-Anfrage die erneute Razzia „wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern und der Geldwäsche“ im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen einen Bundestagsabgeordneten. Durchsucht worden seien weitere Objekte in Berlin mit dem Ziel, Beweismittel sicherzustellen.
Durchsucht wurden auch Räume von Dritten, „die nicht beschuldigt“ seien, teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit. Nach SZ-Informationen ist damit Bystron und sein Umfeld gemeint. Zuvor hatte der Bundestag den Weg für weitere Maßnahmen der Ermittlungsbehörden frei gemacht. Das Parlament stimmte am Donnerstag einem Antrag des Immunitätsausschusses zu, der den Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse sowie weiterer Maßnahmen ermöglicht. Die Fahnder können damit in der Affäre ihre Arbeit ausdehnen.
35 000 Euro eingezahlt – und gleich wieder abgehoben
Hintergrund der neuerlichen Ermittlungen ist offenbar auch der Zeitdruck der Fahnder. Denn Bystron wurde bei der Europawahl ins Europäische Parlament gewählt. Sobald das offizielle Endergebnis feststeht, müssen die Fahnder ihre Arbeit einfrieren. Sie könnten erst weiter ermitteln, wenn Bystrons Immunität in einem weiteren Verfahren auch auf EU-Ebene aufgehoben wird.
Seit dem 16. Mai ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München offiziell gegen Bystron wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Geldwäsche. Die Nummer zwei auf der Liste der AfD für die Europawahl soll über die Prager Online-Plattform „Voice of Europe“ eine fünfstellige Summe an Bargeld erhalten und versucht haben, die Herkunft des Geldes zu verschleiern. Geld, das im Interesse des Kreml geflossen sein soll. Fast 35 000 Euro soll Bystron nach Erkenntnissen der Ermittler in zwei Tranchen Mitte März auf ein Konto einer Firma von ihm bei der Targobank eingezahlt – und die gesamte Summe am Tag der letzten Einzahlung in 200-Euro-Scheinen wieder abgehoben haben.
Der tschechische Inlandsgeheimdienst BIS versucht seit Monaten, die Fäden des russischen Einflussnetzwerks „Voice of Europe“ zu entwirren, die zu rechten Politikern in vielen Ländern der Europäischen Union führen sollen. Nach Erkenntnissen der Prager Sicherheitsbehörden hat sich Bystron Mitte Februar in der tschechischen Hauptstadt mit dem Geschäftsmann Artem Martschewskij getroffen, der als Kopf des Propagandaportals gilt.
Bystron klagt über „fiese Methoden“
Der Geheimdienst soll Tonaufnahmen davon besitzen. Angeblich ist dort zu hören, wie Bystron während einer gemeinsamen Autofahrt Geld bekommt und es anschließend zählt. Die Scheine soll Bystron für prorussische Interviews mit „Voice of Europe“ erhalten haben. Der 51-Jährige hat bisher alle Anschuldigungen gegen ihn mehrmals zurückgewiesen. In einem Video auf dem Netzwerk Telegram hatte Bystron von „fiesen Methoden“ gesprochen; die Vorwürfe seien „an den Haaren herbeigezogen“.
Gut möglich, dass die Ermittler mit der Durchsuchung bei nicht Beschuldigten eine enge Vertraute von Bystron meinen. Im Büro der Mitarbeiterin eines AfD-Abgeordnetenkollegen von Bystron waren die Fahnder bei ihrer ersten Razzia Mitte Mai auf einen verschlossenen Bürocontainer gestoßen, in dem private Unterlagen des Politikers ausgelagert waren.
In einem Kuvert sollen die Fahnder etwa 2000 Euro in bar, eine Liste mit aufgeführten Goldbarren, ein Exposé über ein 2,2 Millionen Euro teures Anwesen in Brüssel und einen Ordner mit der Aufschrift „Mama“ gefunden haben, in dem sich offenbar Unterlagen über Konten in Liechtenstein und Tschechien befanden. Unterlagen, die augenscheinlich dem AfD-Mann gehörten. Die Ermittler gehen aufgrund der bei seiner Vertrauten aufgefundenen Unterlagen davon aus, dass Bystron seinerzeit vor den Durchsuchungen vorgewarnt worden war.