Peter Ramsauer im Gespräch:"Ganz neues Wir-Gefühl"

Bundesverkehrsminister Ramsauer über Autokorsos während der Fußball-WM, das derzeitige Formtief der Koalition - und was er sich von der Wahl des Bundespräsidenten erhofft.

Michael Bauchmüller

Erst Sieg im Spiel, dann Chaos auf den Straßen: Nach dem Viertelfinal-Einzug der deutschen Elf setzten sich wieder Tausende Fußballfans über geltendes Recht hinweg und fuhren mit ihren Autos hupend und fahnenschwenkend durch die Innenstädte. Doch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) lässt Nachsicht walten. Und nach der Wahl des Bundespräsidenten, so hofft er, werde womöglich auch die Koalition wieder begeistern können.

Bundeskabinett

Peter Ramsauer (CSU) fordert Disziplin von der Koalition, bei Autokorsos während der Fußball-WM drück er dagegen ein Auge zu.

(Foto: ddp)

SZ: Herr Ramsauer, wann sorgt denn der Bundesverkehrsminister endlich mal für Ordnung auf deutschen Straßen?

Peter Ramsauer: Ich glaube, die Ordnung auf deutschen Straßen liegt schon in guten Händen bei der jeweiligen Polizei, und schließlich haben wir auch eine Straßenverkehrsordnung.

SZ: Aber kein Gesetz wird bei den Siegesfeiern der Fans gerade so gern gebrochen - nehmen Sie nur das Hupverbot!

Ramsauer: Natürlich gilt diese Bestimmung weiter, ganz klar. Aber wir kennen Autokorsos auch nach Trauungen, bei Hochzeitsgesellschaften. So unangenehm das manchmal empfunden werden mag, man soll da auch nicht immer päpstlicher als der Papst sein. Das gleiche gilt für die Fähnchen an den Autos. Man sollte den Buchstaben des Gesetzes nicht bis zum Exzess bemühen, man muss auch auf die Gefühle der Menschen Rücksicht nehmen. Allerdings darf die allgemeine Sicherheit nicht gefährdet werden. Alkohol am Steuer ist tabu, und der Gurt ist auch für Fußball-Fans Pflicht.

SZ: In Wirklichkeit ist die Koalition doch ganz froh, dass es etwas zum Jubeln gibt. Das lenkt ab vom eigenen Formtief.

Ramsauer: Keine Frage, eine erfolgreiche Fußball-Weltmeisterschaft stiftet Identität, aber das ersetzt keine vernünftige Politik. Der kommende Mittwoch wird sicher vieles richten.

SZ: Sie meinen die Wahl des Bundespräsidenten? Das lief aber im Vorfeld auch nicht ganz reibungslos, eher so wie das mühevolle 1 : 0 gegen Ghana.

Ramsauer: Warten Sie es ab. Für die schwarz-gelbe Koalition wird diese Bundesversammlung eine neue Identität stiften. Alle drei Parteien werden neuen Zusammenhalt und neue Gemeinsamkeit erleben, wenn wir Christian Wulff zum Bundespräsidenten wählen.

SZ: Im ersten, zweiten oder dritten Wahlgang?

Ramsauer: Ich gehe davon aus, dass das schon im ersten Wahlgang klappt. Es ist noch kein einziger Bundespräsident mit der Gesamtheit der Stimmen seines Lagers gewählt worden. Trotzdem wird es eine gute Mehrheit für Christian Wulff im ersten Wahlgang geben. Alle Beteiligten wissen, was auf dem Spiel steht.

SZ: Und was passiert, wenn es im ersten Anlauf nicht klappt?

Ramsauer: Das ist eine rein hypothetische Frage. Und so eine Hypothese mache ich mir nicht zu eigen.

SZ: Innerhalb der FDP gibt es immer noch Vorbehalte.

Ramsauer: Diese Vorbehalte haben sich weitgehend verflüchtigt. Selbst wenn die FDP-Fraktion im sächsischen Landtag aufbegehrt: Die schicken drei Wahlmänner. Davon darf man sich nicht schrecken lassen. Sie werden sehen: Da wird mit der Wahl von Christian Wulff ein ganz neues Wir-Gefühl entstehen.

SZ: Nach dem Hickhack der zurückliegenden Wochen schwer zu glauben.

Ramsauer: Mag sein. Da war die nötige Disziplin nicht ausreichend vorhanden. Aber die Wahl des Bundespräsidenten übt eine disziplinierende Wirkung auf die Koalitionspartner aus. Das gibt neues Selbstbewusstsein, eine gute Grundlage für die weitere Regierungsarbeit.

SZ: Wer hat denn diese disziplinierende Wirkung am ehesten nötig: CDU, CSU oder FDP?

Ramsauer: Das kann man so pauschal nicht sagen, da muss jeder vor seiner eigenen Türe kehren. Ich war in früheren Jahren auch nicht schlecht im Austeilen. Aber wenn man die Wunschkoalition hat, wie wir sie jetzt haben, dann muss man sie auch aus seinem Innersten heraus leben. Das war in der Vergangenheit sicher zu wenig der Fall.

SZ: Und am 11. Juli schaut das Bundeskabinett dann geschlossen das Finale an, mit anschließendem Korso durch Berlin.

Ramsauer (lacht): Die Regierung wird an dem Tag nicht zusammentreten, schätze ich mal. Ich selbst bin an dem Tag im Übrigen bei einem Trachtenfest in Berchtesgaden. Da ist es auch sehr nett.

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