Peru:Chaos im Kongress

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Präsident Vizcarra löst das Parlament auf. Er fühlt sich im Kampf gegen die Korruption von der Opposition behindert, seine Reformpläne werden regelmäßig blockiert. Bürger organisierten Kundgebungen für Vizcarra. Abgeordnete widersetzten sich.

Von Christoph Gurk, Buenos Aires

Die politische Krise in Peru eskaliert. Am Montagabend hat Staatschef Martín Vizcarra den Kongress aufgelöst. Dahinter steckt ein seit langem schwelender, erbitterter Machtkampf: Perus Präsident führt einen Kampf gegen Korruption, die in dem südamerikanischen Land weit verbreitet ist. Dabei fühlt er sich von der Opposition behindert. Sie dominiert den Kongress und konnte in der Vergangenheit immer wieder Reformpläne von Vizcarra blockieren. Der aktuelle Streit entzündete sich nun an einem Votum zur Neubesetzung von Richterposten am Verfassungsgericht. So gut wie alle Mitglieder des Gerichts sollen ausgewechselt werden. Das ist deshalb brisant, weil das Verfassungsgericht in naher Zukunft auch darüber beraten soll, ob Keiko Fujimori freigelassen wird. Die Tochter des peruanischen Expräsidenten Alberto Fujimori sitzt derzeit wegen eines Schmiergeldskandals in Haft. Gleichzeitig führt sie die Partei an, die im Kongress die Mehrheit besitzt.

Präsident Vizcarra hatte die Pläne zur Auswechslung der Richter als intransparent bezeichnet und dem Kongress ein Ultimatum gestellt, die umstrittene Nominierung auszusetzen, andernfalls werde er das Parlament auflösen. So ist es nun gekommen. In einer Fernsehansprache sagte Vizcarra, mit diesem Parlament sei keinerlei Einigung möglich.

Im Kongress kam es nach der Auflösung zu chaotischen Szenen. Abgeordnete der Opposition widersetzten sich der Anordnung. Sie blieben demonstrativ auf ihren Plätzen sitzen, teilweise für Stunden. Im Anschluss suspendierten sie ihrerseits wiederum Vizcarra für die Dauer eines Jahres und bestimmten Vizepräsidentin Mercedes Aráoz zur Übergangspräsidentin. Ob und wie Vizcarra in den nächsten Tagen und Wochen die Auflösung des Kongresses durchsetzen wird, ist noch unklar.

Am Montagabend kam es in mehreren peruanischen Städten zu Kundgebungen für Vizcarra. Der Politiker ist vergleichsweise beliebt. 2018 übernahm er das Amt, nachdem sein Vorgänger wegen der Verstrickung in die Schmiergeldaffäre um einen brasilianischen Baukonzern zurückgetreten ist. Viele Menschen erhoffen sich von Vizcarra, dass er gegen die allseits verbreitete Korruption und Vetternwirtschaft in der Politik vorgeht.

© SZ vom 02.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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