Personaldebatte in der Linkspartei:Gysi liebäugelt mit Lafontaine

Lesezeit: 2 Min.

Nach den Wahlpleiten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz brodelt es bei den Linken. Und Gregor Gysi nährt neue Spekulationen: Kehrt Oskar Lafontaine zurück? Linken-Chef Klaus Ernst hatte dies noch am Vortag ausgeschlossen.

Erst am Dienstag noch sagte der Linken-Vorsitzende Klaus Ernst über den Linken-Vorsitzenden Klaus Ernst: "Wir haben eine gewählte Führung und ich denke, die wird auch im Amt bleiben." Ernst reagierte damit auf Spekulationen, wonach der frühere Linken-Vorsitzende Oskar Lafontaine nach den herben Niederlagen bei den jüngsten Landtagswahlen in die Bundespolitik zurückkehren könnte - und ließ keinen Zweifel an seiner Haltung: Das sei derzeit "kein Thema".

Vermisst seinen ehemaligen Partner an der Spitze der Partei: Linken-Fraktionschef Gregor Gysi schließt eine Rückkehr Oskar Lafontaines "in Notsituationen" nicht aus. (Foto: REUTERS)

Gregor Gysi sieht das anders: Lafontaine schließe einen solchen Schritt "für Notsituationen" nicht aus, erklärte der Linksfraktionschef an diesem Mittwoch im Bundestag in Berlin. Derzeit habe der ehemalige Linken-Vorsitzende zwar nicht die Absicht, wieder eine größere Rolle zu übernehmen, so Gysi. "Aber ich denke, wenn es eine Notsituation gibt, kann er sich eine Rückkehr vorstellen." Der Fraktionschef beruft sich bei seinen Aussagen auf ein Gespräch, das er mit Lafontaine über die Lage der Partei geführt hat.

Was er konkret unter einer Notsituation verstehe, wollte Gysi aber nicht sagen. Schon kurz nach den Wahlschlappen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hatte Gysi Spekulationen über eine Rückkehr Lafontaines ausgelöst.

Lafontaine war im vergangenen Jahr wegen einer Krebserkrankung von seinem Amt als Parteivorsitzender zurückgetreten. Sein Amt als Fraktionschef im Saarland behielt er. Vor kurzem erklärte in einem Interview mit der Saarbrücker Zeitung seine Krebserkrankung als "wahrscheinlich überwunden".

"Alles andere als hilfreich"

Es herrschen aber noch weitere Differenzen zwischen dem Selbstbild Klaus Ernsts und dem Bild, das die Genossen von ihrer Parteispitze haben. So sieht Ernst seine Position sowie die seiner Ko-Vorsitzenden Gesine Lötzsch durch die Wahlschlappen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nicht geschwächt. Eine Personaldebatte sei nun "alles andere als hilfreich".

Einem Spiegel-Bericht zufolge aber sind sich insbesondere die ostdeutschen Landesvorsitzenden darüber einig, dass Lötzsch und Ernst gescheitert seien. Es war die Rede von der "schlechtesten Führung", die man je gehabt habe.

Die Linke war bei den vergangenen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz deutlich an dem selbstgesteckten Ziel gescheitert, in die Länderparlamente einzuziehen: In Stuttgart kam sie auf 2,6 Prozent, in Mainz auf 3,0 Prozent. Damit ist die Westausdehnung der Partei vorerst gestoppt.

Im Anschluss an die Wahl kam unter anderem harsche Kritik von der parlamentarischen Geschäftsführerin der Linken im Bundestag, Dagmar Enkelmann. Die Diskussionen um die Bezüge von Parteichef Ernst sowie die von Lötzsch ausgelöste Kommunismus-Diskussion hätten Stimmen gekostet. Enkelmann bemängelte außerdem die Parteistrukturen: Die Ost-West-Doppelspitze sei bei den Geschäftsführern in einer Partei überflüssig, die zusammenwachsen wolle.

Mit seinem Vorstoß hat Gysi nun für Verwunderung in den eigenen Reihen gesorgt. Mehrere führende Parteifunktionäre warfen dem Fraktionschef vor, damit eine unnötige Personaldebatte vom Zaun zu brechen. "Zu sagen, dass wir keine Personaldebatte wollen und gleichzeitig über eine eventuelle Rückkehr Oskar Lafontaines zu reden, ist ein Widerspruch an sich", sagte etwa der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch.

Auch der Linksfraktionschef in Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert, kritisierte den Vorstoß Gysis: "Eine Personaldebatte zum jetzigen Zeitpunkt lenkt nur von der inhaltlichen Diskussion ab", sagte er dem Berliner Kurier. Unterstützung erhielt Gysi lediglich von Vizeparteichefin Sarah Wagenknecht: "Es wäre für die Partei ein großer Gewinn, wenn sich Oskar Lafontaine wieder mehr auf bundespolitischer Ebene einbringen würde", sagte sie der Bild-Zeitung.

In der Linkspartei wird also wieder gestritten und diskutiert. Nur einer schweigt bisher: Lafontaine selbst.

© sueddeutsche.de/dpa/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: