Es ist eine kleine Revolution. Das Bundesinnenministerium macht Ernst mit der Entbürokratisierung der Verwaltung. Von Mai an soll die Beantragung von Personalausweisen, Reisepässen und sogenannten Reiseausweisen des Ausländerrechts nicht nur unkomplizierter und schneller werden, sondern vor allem digitaler. Ein Überblick.
Was müssen Bürger künftig tun, um an einen neuen Pass zu kommen?
Die Frage ist eher: Was müssen sie nicht mehr tun? Wer in Deutschland gemeldet ist, kann sich den Gang aufs Amt in Zukunft sparen. Ausweisdokumente dürfen von Mai an per Direktversand an die Haustür zugestellt, dort aber nur von der antragstellenden Person entgegengenommen werden. Auch das Anfertigen und Mitführen eines biometrischen Passbildes hat zum 1. Mai ein Ende: Künftig akzeptieren Behörden nur noch digitale Fotos, die entweder direkt vor Ort gemacht oder von einem Fotostudio oder Drogeriemarkt per Cloud an das Amt übermittelt werden. Allerdings verzögert sich die technische Ausstattung in den Bürgerämtern. Es gibt deshalb eine dreimonatige Übergangsfrist bis zum 31. Juli. So lange können noch Fotos auf Papier mitgebracht werden.
Warum wird das Verfahren geändert?
Die neue Regelung soll die Gefahr von Manipulation oder Fälschung minimieren. Und sie soll ein großer Schritt sein für die vielfach angekündigte Digitalisierung in deutschen Behörden. „Wir verkürzen gleichzeitig den Verwaltungsaufwand und vereinfachen das Verfahren, da die Kommunen den kompletten Antragsprozess für die Bürgerinnen und Bürger mit nur einem Gang ins Bürgerbüro anbieten können“, sagt die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Schrittweise sollen immer mehr Behördenleistungen, für die man aktuell noch einen Stapel Papier aufs Amt tragen muss, ins Internet oder gleich in eine eigens dafür programmierte App wandern.
Was ist bei Passbildern zu beachten?
Bürger haben die Wahl. Nach und nach stattet die Bundesdruckerei alle Kommunen kostenlos mit dem digitalen Aufnahmesystem „PointID“ aus, das sowohl biometrische Fotos anfertigen als auch Fingerabdrücke erfassen kann. Aktuell hat etwa die Hälfte der Bürgerämter ein solches oder ähnliches System, bis zum Sommer sollen es 90 Prozent sein. Wer lieber ins Fotostudio gehen möchte, kann das aber auch weiterhin tun. „Niemand muss für das Bild im Ausweis auf den professionellen Service von Fotografinnen und Fotografen verzichten“, so Faeser. Der einzige Unterschied: Der Fotoshop schickt das Bild in eine verschlüsselte Cloud, aus der es von jedem Bürgerbüro in Deutschland aus abgerufen werden kann; 3200 Fotostudios haben sich für den Service bereits registriert. Bürger bekommen die Fotos also nicht mehr in einem kleinen Umschlag, sondern nur noch einen Ausdruck mit einem Data-Matrix-Code (vergleichbar mit einem QR-Code). Den scannt die Behörde ein und kann das Lichtbild dann aus der Cloud abrufen. Was nicht mehr zulässig ist, ist ein schnell angefertigtes und ausgedrucktes Foto aus einer Fotobox.
Wird das teurer?
Nein, im Gegenteil. Behörden erheben für das digitale Passfoto künftig eine Lichtbildgebühr in Höhe von sechs Euro. So viel kostet ein biometrisches Foto bei den günstigsten Anbietern auch, einige Fotostudios berechnen für die Dienstleistung aktuell indes zehn bis 15 Euro. Für den Direktversand des Ausweisdokuments an die Haustür wird eine Gebühr von 15 Euro fällig.
Welche Neuerungen gibt es im Verkehr?
Auch der Fahrzeugschein soll digital werden. Dafür hat das Verkehrsministerium zusammen mit Kraftfahrt-Bundesamt und Bundesdruckerei eine eigene App entwickelt, die i-Kfz-App. Sie soll im zweiten Halbjahr 2025 in den App-Stores zum Download zur Verfügung stehen; seit Dienstag können 2500 Bürger sie testen und ihr Feedback geben. Mit der digitalen Version des Fahrzeugscheins entfällt künftig die Pflicht, das Papierdokument jederzeit mitzuführen. „Ob in der Schublade, in der Jackentasche oder im Auto – das häufige Suchen des Fahrzeugscheins hat bald ein Ende“, sagt Digital- und Verkehrsminister Volker Wissing. Der digitale Fahrzeugschein kann in der App mit beliebig vielen Fahrern geteilt werden. Auch können darin mehrere Fahrzeugscheine gleichzeitig hinterlegt werden. Perspektivisch sollen in die App auch weitere Nachweise wie etwa der Führerschein integriert werden.
Werden die Behörden jetzt digital?
Das ist zumindest der Plan – aber die Umsetzung zieht sich. Eigentlich sollten schon bis 2022 insgesamt 581 Behördendienstleistungen digitalisiert sein. Wissing zufolge ist das aber erst bei 115 vollständig gelungen. Eine Überarbeitung des Onlinezugangsgesetzes (OZG 2.0) soll nun für mehr Tempo bei der Digitalisierung der Verwaltung sorgen. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD zum „Once-Only“-Prinzip bekannt und planen ein sogenanntes „Doppelerhebungsverbot“: Bürger und Firmen sollen ihre Daten dem Staat künftig nur noch ein einziges Mal angeben müssen. Danach sollen die Behörden die Daten untereinander austauschen. Auch planen die Parteien ein Ministerium, das neben dem Digitalen das Wort „Staatsmodernisierung“ im Namen tragen soll.