Internationale Beziehungen:Pelosi trifft Taiwans Präsidentin - China startet Militärmanöver

US House Speaker Pelosi Visits Taiwan

Mit ihrem Besuch in Taiwan sorgt die US-Politikerin Nancy Pelosi für diplomatische Verstimmungen mit China.

(Foto: Getty Images)

"Mehr als je zuvor ist die amerikanische Solidarität entscheidend", sagt die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses. China lässt wegen des Besuchs militärisch die Muskeln spielen und schränkt den Handel mit der Insel ein.

Von Oliver Klasen und Philipp Saul

Der Besuch der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan führt zu erheblichen Spannungen zwischen China und den USA. Am Mittwoch besuchte Pelosi das Parlament der Insel vor der chinesischen Küste und traf sich mit der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen. Pelosi sicherte Taiwan die Unterstützung der USA angesichts der Bedrohung durch China zu. Die Vereinigten Staaten würden "immer an der Seite Taiwans" stehen, sagte sie bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Mit einem indirekten Hinweis auf die Drohungen der kommunistischen Führung in Peking gegen Taiwan sagte Pelosi: "Mehr als je zuvor ist die amerikanische Solidarität entscheidend." Das sei die Botschaft des Besuchs ihrer Kongressdelegation. Die Unterstützung in den USA für Taiwan sei parteiübergreifend. "Heute steht die Welt vor der Wahl zwischen Demokratie und Autokratie", sagte Pelosi und lobte Taiwan als "eine der freiesten Gesellschaften der Welt". "Taiwan wird nicht klein beigeben", kündigte Tsai in Bezug auf China an. "Wir werden tun, was immer notwendig ist, um unsere Selbstverteidigungsfähigkeiten zu stärken."

Zuvor hatte Pelosi im Parlament in Taipeh Pelosi den Vizevorsitzenden des Legislativrates, Tsai Chi-chang und andere Abgeordnete getroffen. Die 82-Jährige will zudem mit Menschenrechtsaktivisten zusammenkommen.

China reagiert martialisch

Peking hatte bereits auf die Ankündigung des Besuchs von Pelosi mit verstärkter militärischer Präsenz reagiert. Die Armee startete gezielte Manöver und Schießübungen in sechs Meeresgebieten um Taiwan. Kriegsschiffe patrouillierten nahe der Küste der Insel und Chinas Volksbefreiungsarmee schickte allein am Dienstag 21 Flugzeuge und Kampfjets in Taiwans Luftüberwachungszone. Im Gegenzug versetzte auch Taiwan sein Militär in erhöhte Einsatzbereitschaft.

Die Manöver Pekings gelten als das größte Demonstration militärischer Stärke seit der Raketenkrise 1995, als China zur Einschüchterung Raketen über Taiwan geschossen hatte und die USA zwei Flugzeugträgergruppen entsandten. Die Meeresgebiete für die aktuellen Übungen gehen noch weit über die damaligen Sperrzonen hinaus, reichen nahe an Taiwan und scheinen teilweise in seine Hoheitsgebiete einzudringen. Experten rechnen auch damit, dass Schifffahrtsrouten beeinträchtigt werden könnten.

China, der größte Handelspartner Taiwans, setzt zudem die Geschäfte mit der Insel teilweise aus. Der Export von Sand nach Taiwan sei ab sofort eingestellt, teilte das chinesische Handelsministerium mit. Die Einfuhr von Zitrusfrüchten, gefrorenem Makrelenfilet und gekühltem Fisch der Sorte Haarschwanz aus Taiwan wird nach Angaben des chinesischen Zolls ebenfalls untersagt.

Pelosi setzt sich über scharfe Warnungen hinweg

Pelosi ist seit 1997 der ranghöchste Besuch aus den USA in dem Inselstaat, in dem etwa 23 Millionen Menschen leben. Damals hatte Pelosis republikanischer Amtsvorgänger Newt Gingrich Taiwan bereist. Im Jahr der Rückgabe der britischen Kronkolonie Hongkong an China fiel die chinesische Reaktion aber gemäßigt aus, da Gingrich vorher Peking besucht hatte.

Die Regierung in Peking sieht Taiwan als Teil der Volksrepublik China an und betrachtet jedweden diplomatischen Kontakt anderer Staaten zu Taipeh als Angriff auf seine territoriale Integrität. Diese Haltung ist auch unter dem Begriff "Ein-China-Doktrin" bekannt. Taiwan dagegen sieht sich als unabhängiger Staat, jedoch wird diese Unabhängigkeit nur von wenigen Staaten anerkannt. Zwischen Taipeh und Peking gibt es häufig Spannungen. Auf internationaler Ebene herrscht außerdem Sorge, dass die chinesische Regierung möglicherweise eine Eroberung Taiwans planen könnte - und ausnutzen könnte, dass die USA und die Nato derzeit mit dem Krieg in der Ukraine beschäftigt sind.

Mit ihrem Besuch in Taiwan setzt sich Pelosi über scharfe Warnungen aus Peking hinweg. Die dortige Regierung protestiert seit Wochen gegen eine mögliche Reise der Demokratin. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte US-Präsident Joe Biden in einem Telefonat in der vergangenen Woche mitgeteilt: "Diejenigen, die mit dem Feuer spielen, werden daran zugrunde gehen." Am Montag drohte ein Sprecher des Außenministeriums "ungeheuerliche politische Konsequenzen" an, falls Pelosi tatsächlich taiwanischen Boden betrete. Nach der Landung Pelosis protestierte China scharf: Man werde "alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die nationale Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen".

Peking bestellt US-Botschafter ein

Aus Protest bestellte das Außenministerium in Peking den US-Botschafter Nicolas Burns ein. Vizeaußenminister Xie Feng sprach dabei von einer "ernsten Provokation und einem Verstoß gegen den Ein-China-Grundsatz", wie Staatsmedien berichteten.

Das russische Außenministerium bezeichnete Pelosis Taiwan-Reise am Dienstagabend als "klare Provokation im Geist der aggressiven Linie der USA zu einer umfassenden Eindämmung Chinas." Peking sei im Recht, Maßnahmen zum Schutz seiner Souveränität und territorialen Unversehrtheit zu ergreifen, hieß es in der Mitteilung. Russlands Haltung sei unverändert, dass es nur ein China mit der legitimen Regierung in Peking gebe, hieß es.

Die US-Regierung warnt Peking ihrerseits vor einer Eskalation. Man werde sich nicht auf ein "Säbelrasseln" mit China einlassen, "sich aber auch nicht einschüchtern lassen", sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. Ein Besuch Pelosis in Taiwan ändere nichts an der China-Politik seiner Regierung, die keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan unterhält.

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