Peinliche SMS bei Baden-Württembergs Grünen:Versand ohne Verstand

Lesezeit: 1 min

"Kein Unterschied zu den Schwarzen": Ein prominenter Landespolitiker der Grünen lästert in einer SMS über die Regierung seines Parteifreundes Kretschmann und erklärt im Übrigen, sich jetzt betrinken zu wollen. In die inhaltliche Ausarbeitung dieser SMS investierte der Verfasser viel Herzblut, ließ es dann aber an Sorgfalt beim Versand mangeln.

Roman Deininger, Stuttgart

Winfried Kretschmann war gekommen, um über den Papst zu sprechen und über den türkischen Staatspräsidenten Gül, beider Besuch in Baden-Württemberg empfindet er als höchst erquicklich. Doch bevor der Ministerpräsident am Dienstag seiner Vorfreude Ausdruck verleihen durfte, musste er sich länglich mit einer Kurzmitteilung auseinandersetzen, die ein grüner Parteifreund am vergangenen Dienstag um 19.06 Uhr versendet hatte.

"Kein Unterschied zu den Schwarzen": Der Stuttgarter Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle von den Grünen lästert in einer fehlgeleiteten SMS über die Personalpolitik seiner Partei. (Foto: dpa)

"Natürlich habe ich mich darüber geärgert", sagte Kretschmann, aber noch viel mehr schien ihn zu ärgern, dass sich der Heilige Vater wahrhaftig für einen Tag die Show stehlen lassen musste - von Werner Wölfle.

Wölfle ist der grüne Verwaltungsbürgermeister von Stuttgart, prominent auch in der Landespartei, spielte aber bisher doch eher ein, zwei Ligen unter dem Papst. Der 57-Jährige hatte jedenfalls viel Herzblut investiert in die inhaltliche Ausarbeitung jener SMS, es dann aber offensichtlich erschöpft an Sorgfalt beim Versand mangeln lassen.

Statt einem guten Kumpel teilte Wölfle also der Redaktion der Stuttgarter Nachrichten mit, dass es ihm "peinlich" sei, wie die Regierung Kretschmann Leute mit Posten versorge, die nur ihr Parteibuch qualifiziere: "Kein Unterschied zu den Schwarzen." Im Übrigen plane er, sich jetzt zu betrinken. Da die Stuttgarter Nachrichten den Grünen ungefähr so herzlich verbunden sind wie Michael Ballack Joachim Löw, fand Wölfle seine orthographisch etwas unentschlossenen Zeilen nun auf der Titelseite wieder.

"Ich hab falsch draufgedrückt", gestand Wölfle, so eine SMS gehöre sich natürlich nicht. Kretschmann belohnte so viel Bußfertigkeit mit Milde, auch er schicke ja bisweilen missgelaunt "eine SMS durch die Gegend, da schwätzt man einiges raus". Er betrachte die ganze Affäre folglich als "kontingentes Ereignis", was er auf Nachfrage noch für ein breites Publikum übersetzte: dumm gelaufen und nicht so schlimm. Beim Simsen, das könne er nur jedem raten, müsse man "langsam sein und aufpassen". Und dann sprach er nicht mehr über Werner Wölfle, sondern nur noch über Herrn Gül und den Papst.

© SZ vom 21.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: