In Berlin fiel die Mauer 1989 mit dem Zusammenbruch der DDR. Im Westen Europas gibt es jedoch noch heute eine Hauptstadt, die durch Dutzende Mauern und Zäune geteilt wird: Belfast.
Die beiden Bevölkerungsgruppen, die damit getrennt werden sollen, sind britische Protestanten (hier während eines Marschs des Oranierordens im Jahr 2015), die Nordirland als Teil des Vereinigten Königreichs erhalten wollen und...
... irisch-katholische Nationalisten, die eine Wiedervereinigung Nordirlands mit der Republik Irland anstreben (hier beim 100-jährigen Gedenken an die Anführer des irischen Osteraufstands 1916).
Die ersten dieser sogenannten peace lines (deutsch: Friedenslinien) wurden 1969 zu Beginn des nordirischen Bürgerkriegs gebaut (hier eine Mauer an der Springmartin Road am westlichen Rand Belfasts). Das Karfreitagsabkommen von 1998 beendete den Konflikt. Mehr als 3500, die meisten von ihnen Zivilisten, kamen ums Leben. Die Mauern blieben.
Im Norden Belfasts ist sogar eine Grünanlage, der Alexandra Park, von einer Mauer geteilt.
Die Wohnviertel sind oft schon wegen ihrer Farbgebung leicht dem britischen beziehungsweise dem irischen Lager zuzuordnen, wie hier in einer Straße im Süden der Stadt. Oft sind auch Bordsteine in blau-weiß-roten oder grün-weiß-orangen Farben gestrichen. Gesellschaftliche Begegnungen oder gar Eheschließungen zwischen Angehörigen der beiden Gruppen sind nach wie vor die Ausnahme.
Ein Touristenmagnet sind die politisch motivierten Wand- oder Mauergemälde. Dieses Bild in der katholisch geprägten Falls Road in West-Belfast fordert das Ende der britischen Herrschaft über Nordirland.
Dieses, ebenfalls in der Falls Road, verehrt die Männer, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts Irlands Unabhängigkeit von Großbritannien erkämpften.
Im protestantischen Shankill-Viertel von Belfast gedenkt dieses Wandbild unter anderem den Kämpfern der UDA (Ulster Defence Association), einer paramilitärischen Organisation, die im Bürgerkrieg (1969-1998) gegen ihre Kontrahenten von der IRA (Irish Republican Army) kämpfte. Kritiker der Malereien führen an, dass eine wirkliche Versöhnung nur schwierig ist, wenn die andere Seite damit zum Feind erklärt wird.