Gabriele Pauli steckt nun wieder in diesem Kampf um Sympathie, in dem man gerne die Herrschaft über die Wahrnehmung der anderen hätte. Und da kann es schon mal vorkommen, dass sie den Eindruck erweckt, sie wolle sich die Wahrheit mit ein paar geschwungenen Handbewegungen zurecht zaubern.
Die Zitate jedenfalls, welche Gabriele Pauli zur Autorisierung bekommen hat, sind viel länger zurückgekommen, als sie es vorher waren. Gabriele Pauli fehlten da offensichtlich noch ein paar Punkte, die es den Leuten leichter machen könnten, sie gern zu haben bei ihrem Bemühen, Bürgermeisterin von Sylt zu werden. Sie hat ein paar Sätze dazugeschrieben, die sie im Gespräch einige Tage zuvor im Kaminzimmer eines Westerländer Hotels auf diese Art gar nicht gesagt hat. Zum Beispiel den: "Aber die Führung einer Verwaltung ist meine Kernkompetenz, dafür habe ich das Bundesverdienstkreuz erhalten." Oder: "Ich war gut beschäftigt, hatte immer wieder Angebote aus der Wirtschaft. Starke Frauen mit Wirtschaftskompetenz sind gefragt."
Der Bürgermeister-Wahlkampf auf Sylt steckt in seiner letzten Phase. An diesem Sonntag sind die Wahlberechtigten der größten Gemeinde auf der wohl berühmtesten deutschen Ferieninsel aufgerufen, die Nachfolge der parteilosen Amtsinhaberin Petra Reiber zu klären, die nach 24 Jahren im Rathaus von Westerland Abschied nehmen will. Die sechs Kandidaten versuchen die letzten Gelegenheiten wahrzunehmen, mit ihren Argumenten und Sichtweisen in die Köpfe der Leute zu kommen.
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Und wie immer auf Sylt gibt es dabei zweierlei Draufsichten aufs Geschehen. Die Sylter selbst betrachten jeden Kandidaten streng und aufmerksam, weil sie mit der Wahl die Zukunft im Kampf gegen Platznot, überteuerten Wohnraum und Abwanderungen verbinden; auch wenn der Sylter Bürgermeister eher eine Art Geschäftsführer-Posten bekleidet, der vor den Beschlüssen des Gemeinde-Parlaments mehr Pflichten als Einflussmöglichkeiten hat.
Der ganze große Rest der Republik aber schaut vor allem auf Gabriele Pauli, 57, die Medienfigur aus Bayern, die seit ein paar Jahren immer wieder mit mehr oder weniger schrägen Kampagnen auf sich aufmerksam macht.
Es ist eine seltsame Prominenz, die Gabriele Pauli da vor sich herträgt. Man weiß gar nicht so genau, wo diese Berühmtheit herkommt, denn so richtig groß ist Gabriele Pauli in der Politik nie gewesen. Sie wäre wohl kaum 18 Jahre lang ab 1990 Landrätin in Fürth gewesen, wenn sie in dieser Zeit nicht auch was geschafft hätte, aber damit hat ihre Bekanntheit ja im Grunde wenig zu tun. Vor bald zehn Jahren hat sie mal den Mut gefasst, in einer Partei gegen den Strom zu schwimmen, die sich mit Querdenkern traditionell schwertut. Sie war vor acht Jahren die schöne Landrätin, die gegen den damaligen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Edmund Stoiber aufmuckte. Sie stand im Gegenwind der christsozialen Männerwelt.
Kompromittierende Details aus dem Privatleben
Stoibers Bürochef Michael Höhenberger soll damals kompromittierende Details aus ihrem Privatleben gesammelt haben. Sie nutzte damals die Medien, die Medien sprangen dankbar auf. Aus dieser Zeit heraus hat sich dann so etwas wie die Marke Pauli entwickelt: eine etwas unstete Öffentlichkeitsfigur, die fürs Hochglanz-Gewerbe posierte und sich gleichzeitig im seriösen Fach versuchte, als Landtagsabgeordnete der Freien Wähler, als Kandidatin der Freien Wähler fürs Europaparlament, als Gründerin der Partei Freie Union.
Jetzt also Sylt. Die nächste Station auf dem Weg einer Image-Kanone. Klischee kommt zu Klischee: die fotogene Regenbogenpolitikerin zur Schicki-Micki-Insel. Und dass die Mischung unter PR-Gesichtspunkten nicht funktioniert hätte, kann keiner sagen. Als der Name Pauli im Zusammenhang mit der Sylter Bürgermeister-Wahl aufkam, merkten die Leute auf. Ihre Kandidatur hat die überregionalen Medien gelockt. Gabriele Pauli ist der Hingucker des lokalen Wahlkampfs. Im Grunde kann man sagen, dass durch die Personalie Pauli die Probleme Sylts noch einmal so richtig rumgegangen sind im ganzen Land.