Parteitag in Magdeburg:Boxkampf bei der NPD

Wo sonst nur Boxer rechte Haken verteilen, treten bald die Spitzenkräfte der NPD in den Ring: In einer Magdeburger Sporthalle wollen die Rechtsextremen ihren künftigen Vorsitzenden wählen. Dabei geht es nur scheinbar um Grundsatzfragen. Krawallig oder bieder? Nazinostalgie oder "seriöse Radikalität"? Was die Herausforderer Holger Apfel und Udo Pastörs vom amtierenden NPD-Chef Udo Voigt unterscheidet, ist vor allem die bürgerliche Fassade.

Jan Bielicki

In einer Sporthalle will die rechtsextreme NPD ihren internen Machtkampf austragen. Nach langem Suchen hat die Partei offenbar den Saal gefunden, in dem sie Mitte Oktober ihren Parteitag abhalten könnte: Das Verwaltungsgericht Magdeburg erlaubte der NPD in der vorigen Woche, die Anhalt-Arena in Dessau-Roßlau zu nutzen. Die Stadt hat zwar Widerspruch gegen die richterliche Verfügung eingelegt - aber der Ort, an dem sonst auch Boxkämpfe ausgetragen werden, passt zu dem, was auf dem Parteitag zu erwarten ist.

APFEL VOIGT

Treten beim Parteitag im Oktober gegeneinander an: der amtierende NPD-Vorsitzende Udo Voigt (links) und Holger Apfel, Fraktionsvorsitzender der NPD im Sächsischen Landtag.

(Foto: AP)

Es läuft auf ein Duell um die Parteispitze hinaus. Holger Apfel, 40, Chef der sächsischen NPD-Landtagsfraktion, hat angekündigt, für den Bundesvorsitz zu kandidieren. Udo Voigt, 59, der die Partei seit 15 Jahren führt, will Chef bleiben.

Größere Chancen, den Machtkampf zu gewinnen, werden Apfel zugeschrieben. Er hat sich mit Udo Pastörs zusammengetan, der nach dem Wiedereinzug der NPD in den Schweriner Landtag weiter die dortige Fraktion führt. Damit stehen die starken Männer der beiden erfolgreichsten, weil in Landesparlamenten vertretenen Parteiverbände, gegen den Bundesvorsitzenden Voigt.

Der hatte zuletzt nur sinkende Mitgliederzahlen vorzuweisen. Hinzu kamen Finanzskandale und außerhalb Sachsens und Mecklenburg-Vorpommerns nur Wahlniederlagen. Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus kam die NPD mit dem Spitzenkandidaten Voigt auf nur 2,1 Prozent.

Aufmerksamkeit erregten Voigt und seine Berliner Neonazis nur mit ihrer geschmacklosen Plakatparole "Gas geben" - die nun jenen Streit befeuert, der hinter dem Kampf um die Spitze steht. "Strategiedebatte" nennen Rechtsextreme ihn großspurig. Es geht vor allem darum, wie krawallig oder bieder sich die NPD geben will.

Feldmütze, Flecktarn Marke Oktober 44 - muss das sein?

Wer einen solchen "Nostalgie- und reinen Provokationswahlkampf" führe, schimpfte Apfel in der rechtsextremen Zeitschrift Zuerst über Voigts Plakate, solle sich nicht wundern, wenn sich "die Wahrnehmung der NPD immer noch auf Glatze und Springerstiefel" reduziere. Der Herausforderer, der gerne als braver Familienvater auftritt, wirbt dagegen für die "seriöse Radikalität" seines "sächsischen Wegs": "Wer die Herzen unserer Landsleute gewinnen will, darf sie nicht verschrecken."

Apfel und sein Umfeld stören vor allem die Aufmärsche, mit denen sich die rechtsextreme Szene regelmäßig ihrer Wurzeln im Nationalsozialismus versichert. Mit dem dabei präsentierten Erscheinungsbild ihrer Aktivisten ("Feldmütze, Flecktarn Marke Oktober 44 - muss das sein?") werde die NPD "eine Sektierer- und Ghettopartei bleiben und für die übergroße Mehrheit unseres Volkes nie auch nur theoretisch wählbar sein", schrieb der stellvertretende Bundesvorsitzende Karl Richter, der auch Chefredakteur der im sächsischen Riesa erscheinenden Parteipostille Deutsche Stimme ist.

Großes Vorbild NSDAP

Saarlands NPD-Chef Frank Franz, ein smarter Werber mit Drang zu Höherem im Rechtsaußen-Lager, forderte seine Partei gar dazu auf, "sich endlich und rigoros von dem historischen Nationalsozialismus loszusagen".

Die antisemitischen Beschimpfungen, die das Franz-Papier in rechtsextremen Internetforen erntete, zeigten aber, wie große Teile der NPD-Anhänger ticken. An dieser ideologischen Ausrichtung wollen auch Apfel und seine Anhänger nicht rütteln. "Die wollen dem Ganzen nur eine bürgerlichere Fassade geben", sagt der grüne Abgeordnete Miro Jennerjahn, der die Umtriebe der NPD im sächsischen Landtag beobachtet. Apfel selbst versicherte, er wolle die NPD "ohne inhaltliche Anpassung" modernisieren.

Tatsächlich ist auch Apfels Lager eng mit den neo-nationalsozialistischen, auf Aktion und oft Gewalt getrimmten Freien Kameradschaften verbunden. Dafür steht nicht nur Apfels Verbündeter Pastörs. Der Mecklenburger Fraktionschef, als Bundesvize vorgesehen, wurde bereits wegen Volksverhetzung verurteilt und stützt sich in seinem Land gerne auf solche Kameradschaften.

Eine ihrer zentralen Figuren, Tino Müller, sitzt für die NPD im Schweriner Landtag. Auch die sächsische Partei bietet den extremistischen Kameraden Posten und Einfluss. Maik Scheffler, führender Kopf in Sachsens Kameradschaftsszene, stieg erst im Juli zu Apfels Stellvertreter im NPD-Landesvorstand auf.

Welchem Vorbild die selbsternannten NPD-Modernisierer nacheifern, hat Bundes-Vize Richter erst kürzlich offen formuliert: "Im Gegensatz zu uns war die NSDAP in Stil, Auftreten und Methoden eine ultramoderne Massenpartei", schrieb der Apfel-Gefolgsmann, "dort müssen wir auch hin."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: