Süddeutsche Zeitung

Parteitag der US-Demokraten:Michelle Obama beschwört die Familiengeschichte

Das Ziel: Sympathiepunkte sammeln und einen Vorsprung vor den Republikanern erarbeiten. Der Auftritt der First Lady ist ein entscheidender Moment auf dem Parteitag der US-Demokraten. Michelle Obama soll Emotionen wecken und Begeisterung unter den Parteianhängern entfachen. Ihr wichtigstes Thema ist dabei die Vergangenheit ihres Mannes.

Ihr Auftritt soll ein erster Höhepunkt werden. Der Moment, in dem die Emotionen geweckt und die Begeisterung unter den Parteianhängern entfacht wird. Es ist der Abend von Michelle Obama - der First Lady, der Ehefrau des amtierenden US-Präsidenten, die auf dem Parteitag der Demokraten in Charlotte im Bundesstaat North Carolina Werbung machen und die Wähler überzeugen soll, dass ihr Mann eine zweite Amtszeit verdient hat.

Seit Tagen wird ihre Ansprache mit Spannung erwartet, alle großen Fernsehsender übertragen live. Das Ziel der Demokraten: Sympathiepunkte sammeln und sich einen Vorsprung vor den Republikanern erarbeiten.

Es wird eine sehr emotionale Rede. Michelle Obama erzählt aus der Familiengeschichte ihres Mannes und erinnert an dessen einfache Herkunft: "Barack wuchs mit einer alleinerziehenden Mutter auf, die Schwierigkeiten hatte, die Rechnungen zu bezahlen", sagt sie. "Barack weiß, dass er nie ohne finanzielle Hilfe auf die Universität hätte gehen können." Und weiter: "Barack kennt den amerikanischen Traum, weil er ihn gelebt hat - und er will, dass alle in diesem Land die gleichen Chancen haben."

Ein persönliches Anliegen

Für ihren Mann sei die Lösung sozialer Probleme nicht in erster Linie Politik, sondern persönliches Anliegen. Er wisse, genauso wie sie selbst, was einfache Amerikaner durchmachten, die mit den Folgen der Wirtschaftskrise fertig werden müssten. "Wir müssen noch einmal zusammenkommen und zusammenstehen für den Mann, dem wir vertrauen können, dieses großartige Land weiter nach vorne zu bringen", sagt die Ehefrau des Präsidenten.

Den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney erwähnte die First Lady in ihrer Rede nicht. Mit den Verweisen auf die privaten Verhältnisse und auf die Herkunft ihres Mannes schafft sie aber bewusst einen Kontrast zu Multimillionär Romney, der sein Geld bei einer Investmentfirma verdient hat und dessen Vater Manager bei einem Automobilunternehmen und Gouverneur von Michigan war.

"Barack und ich wuchsen in Familien auf, die nicht viel Geld und materiellen Besitz hatten", sagt Michelle Obama. "Aber sie haben uns etwas viel Wertvolleres mitgegeben - ihre bedingungslose Liebe, ihre unbeirrbare Opferbereitschaft und die Chance, etwas zu erreichen, was sie für sich selbst nie hätten vorstellen können."

Unterstützung von Jimmy Carter und Bill Clinton

Vor dem Auftritt der First Lady hat der ehemalige Präsident Jimmy Carter die Außenpolitik Obamas gewürdigt. Per Videoeinspielung wurde der 87-Jährige, der zwischen 1977 und 1981 amtierte, zugeschaltet. Obama habe "das Ansehen der USA in der Weltgemeinschaft wiederhergestellt" und den sinnlosen Krieg im Irak beendet, sagte Carter, der genau wie der jetzige Präsident Träger des Friedensnobelpreises ist. Am Mittwochabend tritt ein weiterer Ex-Präsident auf: Bill Clinton, der bei vielen Demokraten noch immer sehr beliebt, aber von Wahlkampfstrategen auch wegen seines lockeren Mundwerks gefürchtet ist.

Obama als fürsorglichen Staatsmann präsentieren, der sowohl die Wähler in der politischen Mitte anspricht, aber auch die Nöte des demokratischen Kernklientels nicht vergisst, das ihn vor vier Jahren ins Amt gehoben hat, weil sie die Losung von "Change" und "Yes, we can" überzeugend fand, dieser Spagat muss den Demokraten auf ihrer dreitägigen Veranstaltung gelingen.

"Mitt Romney kapiert es einfach nicht"

Für diese Kernklientel steht unter anderen Julian Castro, der Bürgermeister der texanischen Millionenstadt San Antonio. Als erster Politiker mit lateinamerikanischen Wurzeln hat er eine Hauptrede auf einem Demokraten-Parteitag gehalten - und er beginnt mit Angriffen auf den politischen Gegner: "Mitt Romney kapiert es einfach nicht", sagt Castro. Präsident Barack Obama habe das Land dagegen aus der Rezession geführt. "Und nun müssen wir uns entscheiden", sagt er. Die USA hätten im November "die Wahl zwischen einem Land, in dem die Mittelschicht mehr zahlt, damit Millionäre weniger zahlen - oder einem Land, in dem jeder seinen fairen Teil zahlt, damit wir das Defizit reduzieren und die Jobs der Zukunft schaffen können".

Solche Reden gelten als politisches Sprungbrett. Obama hatte auf der "Convention" vor der Präsidentschaftswahl 2004 die Hauptrede gehalten, damals war er Kandidat für einen Senatssitz des Bundesstaats Illinois. Der von einem Millionenpublikum im Fernsehen verfolgte Auftritt machte ihn landesweit bekannt. Vier Jahre später wurde er Präsident.

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