Parteitag der US-Demokraten:Krönung für den schwarzen Kennedy

Erinnerungen an die berühmte Politiker-Dynastie sollen dem Parteitag einen Hauch von Historie verleihen - und Barack Obama helfen.

Christian Wernicke

Die Delegierten werden gerührt sein, so oder so. Entweder starren sie am Montagabend auf die riesige, futuristisch gestylte Leinwand und vergießen still ein paar Tränen, während der alte, vom Krebs geschwächte Mann per Video zu ihnen spricht.

Parteitag der US-Demokraten: "Ein Präsident wie mein Vater" - Caroline Kennedy glaubt an Barack Obama.

"Ein Präsident wie mein Vater" - Caroline Kennedy glaubt an Barack Obama.

(Foto: Foto: AFP)

Oder die über 4000 Menschen geben sich verzückt der Überraschung hin, dass der 76-jährige Senator nun doch leibhaftig erschienen ist - trotz Hirnoperation, Chemotherapie und Bestrahlung im Kampf gegen den Tumor in seinem mächtigen Schädel. Da bedarf es keiner filigranen Parteitagsregie - in diesem Moment wird allein Edward "Ted" Kennedy der Held der Demokraten sein.

Sinn und Zweck der Inszenierung sind klar: Die PR-Berater im "Camp Obama" hoffen, der Mythos der Kennedys möge der Democratic Convention vom ersten Tag an einen Hauch von Historie schenken. Niemand kann das besser als Teddy Kennedy, seit 40 Jahren der Patriarch dieser amerikanischen Schicksalsfamilie.

Er will, so viel ist vorab durchgesickert, "auf emotionale Weise" sprechen und an Schlüsselstationen seines Lebens erinnern. Also auch an den Tod seiner Brüder: Die Referenzen an John F. Kennedy, den ermordeten Präsidenten, und an Bobby Kennedy, den im selben Jahrzehnt ebenfalls erschossenen Präsidentschaftsbewerber, werden an Amerikas dunkelste Stunden erinnern.

Und dann will Ted Kennedy, der nimmermüde "Löwe der Partei", die Demokraten zu neuem Licht führen: zu Barack Obama. Sieben Monate ist es inzwischen her, dass der Kennedy-Clan dem Neuling aus Illinois seinen Segen gab. Da war der Kampf um die Spitzenkandidatur gerade bitterböse eskaliert.

Allen voran versuchte Bill Clinton im Januar 2008 mit zweideutigen Zwischenrufen, Obamas frühen Widerstand gegen den Irak-Krieg als "Märchen" zu denunzieren und dessen Kantersieg bei der Vorwahl in South Carolina als Folge banaler Sympathie afro-amerikanischer Wähler für einen Bewerber mit dunkler Hautfarbe zu entwerten. "Sie versuchen, Obama schwarz anzumalen," empörte sich Ted Kennedy über die Clintons.

Zum Entsetzen von Hillary Clinton trat der letzte der Kennedy-Brüder dann in Washington vor 6000 Studenten auf und wagte mit röhrender Stimme den Vergleich zu JFK: "Es gab schon mal eine Zeit, da ein anderer junger Kandidat Amerika aufforderte, sich neuen Herausforderungen zu stellen." Auch damals hätte ein früherer Präsident (gemeint war Harry Truman) dem Aspiranten geraten, er solle sich gefälligst in Geduld üben und Älteren den Vortritt lassen. Doch John F. Kennedy habe geantwortet: "Die Welt verändert sich, die alten Mittel und Wege genügen nicht mehr."

Die Eloge der Tochter von JFK

Schon am 27. Januar veröffentlichte die New York Times einen Artikel von Caroline Kennedy, der Tochter von Jackie und JFK. "Ein Präsident wie mein Vater" hieß die Überschrift, und was folgte, war eine poetische Eloge auf Obama. Nie habe sie ein Präsident so inspiriert, wie dies ihrem Vater einst mit den Menschen seiner Generation gelungen sei. "Aber ich glaube jetzt zum ersten Mal, dass ich den Mann gefunden habe, der dieser Präsident sein könnte", schrieb die 50-jährige, die sich bis dahin konsequent jeglicher Politik verweigert hatte. Caroline Kennedy rackerte fortan hinter den Kulissen für Obama. Sehr diskret und, so die Aussage von Insidern, sehr einflussreich beriet sie ihn bei der Auswahl seines Vize-Kandidaten. Joe Biden war (auch) ihre Empfehlung.

Angeblich ist sie sogar bereit, im Falle eines demokratischen Wahlsieges weiter für einen Präsidenten zu arbeiten, den die Presse längst zum "schwarzen Kennedy" verklärt hat. Am Montag wird Caroline wieder den Anfang machen. Sie wird ihren Onkel Ted vorstellten, und der Parteitag wird sich ihm hingeben. Dabei werden die Delegierten vielleicht vergessen, dass der Segen des Ted Kennedy auch ein Fluch sein kann. Von den vier Favoriten, die er seit 1988 unterstützte, hat es bislang keiner ins Weiße Haus geschafft.

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