Parteitag der Tories:Mays krächzende Predigt vom "britischen Traum"

  • Theresa May versagte bei ihrer Parteitags-Rede mehrmals die Stimme.
  • Sie knüpfte an das Wahlversprechen an, dass die Tories wieder mehr zur Partei der Arbeiter werden sollen. So kündigte sie Wohnungsbau und eine Neuregelung der Studienkredite an.
  • Um den Brexit ging es nur am Rande.

Von Cathrin Kahlweit, Manchester

Die britische Premierministerin Theresa May hat zum Abschluss des viertägigen Parteitags der Konservativen Partei zahlreiche Versprechen gemacht, um vor allem junge und sozial schwache Wähler wieder mehr an die Partei zu binden.

Nach einer schweren Wahlschlappe im Juni und angesichts ausbleibender Erfolge in den Brexit-Verhandlungen mit der EU war May vor dem Parteitag unter Druck geraten.

Mit einem Fokus auf soziale Fragen, kommunalen Wohnungsbau, Studienkredite und eine Deckelung der Energiekosten für arme Haushalte wollte sie ihre sinkende Popularität bekämpfen und an jenes Versprechen anknüpfen, das sie bei ihrer Wahl zur Premierministerin gegeben hatte: dass die Tories wieder mehr zu einer "Partei der Arbeiter" werden würden.

In einer etwa einstündigen Rede zum Abschluss des Parteitages in Manchester, die May aufgrund stimmlicher Probleme nur mühsam durchstand, kündigte sie an, dass die Regierung künftig wieder den Wohnungsbau vorantreiben und diesen Sektor nicht mehr allein der Privatwirtschaft überlassen werde. Sie versprach eine kritische Überprüfung der Versorgung psychisch Kranker und eine neue Regelung für die Rückzahlung hoher Studienkredite.

Viele dieser Ankündigungen klangen wie direkte Reaktionen auf das Programm der Sozialisten, die auf ihrem Parteitag vor einer Woche Hilfen für die Schwachen und mehr Sozialwohnungen gefordert hatten. May sprach in ihrer Rede, die streckenweise an eine Predigt erinnerte, immer wieder vom "britischen Traum", der erneut Realität werden müsse.

Den Brexit, der auf dem Parteitag vor allem in Hinterzimmern abgehandelt worden war, brachte sie kaum zur Sprache. Sie versicherte, man wolle eine "konstruktive Beziehung" zur EU; May machte jedoch auch deutlich, dass man auch ohne Deal ausscheiden werde. Die Regierung treffe auch für diesen Fall Vorkehrungen.

In Manchester hatten sich die Stimmen derer gemehrt, die darauf beharren, dass Großbritannien keine weitreichenden Kompromisse mit Brüssel eingehen solle. Indizien dafür, dass die britische Wirtschaft in der Erwartung des Brexit bereits zu schwächeln beginnt, wurden vom Tisch gewischt; stattdessen verwiesen zahlreiche Redner, darunter Außenminister Boris Johnson, darauf, dass Großbritannien ökonomisch exzellent dastehe und jegliche Furcht vor einem Brexit ohne Deal reine Schwarzmalerei sei.

In den Reaktionen auf Mays mit Spannung erwartete Rede, die als entscheidend für ihr politisches Überleben als Premierministerin galt, dominierte das Mitleid darüber, dass May immer wieder die Stimme wegblieb. Der Independent beklagte "zu viel Lyrik", während die Nation "fassungslos feststellen müsse, dass die Brexit-Verhandlungen zu scheitern" drohten. Gleichwohl habe May, so die Times, keine größeren Fehler gemacht und ihren Anspruch auf die Führung der Partei damit bekräftigt. Der Machtkampf mit Boris Johnson dürfte trotzdem weitergehen.

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