Süddeutsche Zeitung

Parteitag der Republikaner:So entschuldigt Melania Trumps Redenschreiberin ihr Plagiat

Die Mitarbeiterin bezeichnet es als Fehler, Passagen von Michelle Obama übernommen zu haben. Ihren Job darf sie behalten. All das belegt, wie amateurhaft die Organisation des Republikaner-Kandidaten ist.

Von Matthias Kolb, Cleveland

Quälend lange 38 Stunden hat es gedauert, bis sich die Familie Trump öffentlich zu den Plagiatsvorwürfen gegen Melania Trump äußert. 38 Stunden lang debattierten Medien weltweit, ob die potenzielle First Lady Passagen aus einer acht Jahre alten Rede der aktuellen First Lady Michelle Obama übernommen hat - und wie ein solches PR-Desaster zustande kommen kann.

"Es war mein Fehler und ich fühle mich schrecklich wegen des Chaos, das ich verursacht habe", teilt Meredith McIver in einem Statement mit, das Trumps Presseteam verbreitet. McIver bezeichnet sich als "langjährige Freundin und Bewunderin der Trump-Familie" und erklärt, dass sie als Redenschreiberin für die "Trump Organization" arbeite. Als sie mit Melania an deren Rede für den Auftakt des Parteitags arbeitete, habe diese von ihrer Bewunderung für Michelle Obama berichtet und am Telefon einige Passagen aus deren Rede vorgelesen.

McIver habe sich diese Sätze notiert und sie später in das Manuskript eingearbeitet. "Michelle Obamas Reden habe ich nicht überprüft", schreibt sie und betont, dass sie natürlich weder der Familie Trump noch der Gattin von US-Präsident Barack Obama Schaden habe zufügen wollen. Sie sei entsetzt über die "Verwirrung und Hysterie" und habe daher am Dienstag ihren Rücktritt angeboten, was der 70-jährige Präsidentschaftskandidat aber abgelehnt habe: Menschen würden "unschuldige Fehler" machen und aus diesen Erfahrungen lernen.

Das ist Meredith McIver

Laut New York Times war McIver Balletttänzerin, bevor sie einen Abschluss in englischer Literatur machte und mit ihrer Arbeit als Ghostwriterin begann. Für Donald Trump hat sie seit 2004 drei Bücher ("Think Like a Billionaire", "Trump 101", "Trump Never Give Up") verfasst - sie kennt die Familie des Unternehmers also seit langem (eine gute Zusammenfassung über die online kursierenden Gerüchte, wonach McIver angeblich gar nicht existiert, liefert Slate).

Dass Trump McIvers Rücktritt nicht annimmt, überrascht nicht: Um das Thema durch ein Bauernopfer aus den Schlagzeilen zu kriegen, ist schon viel zu viel Zeit vergangen - und so schlägt Trump die entgegengesetzte Strategie ein und demonstriert, dass ihm Loyalität wichtiger ist als die Regeln jenes Politbetriebs, den er und seine Wähler verabscheuen (ähnlich war sein Umgang mit dem Vorwurf der Körperverletzung gegen einen engen Mitarbeiter).

In den vergangenen Tagen wies Wahlkampfleiter Paul Manafort kritische Nachfragen zum Plagiat als absurd zurück. Ähnlich äußerten sich alle anderen aus dem Trump-Lager: Laut Chris Christie, der Justizminister werden könnte, unterscheiden sich 93 Prozent des Redetexts von Obamas Aussagen 2008 - also kein Plagiat. Die in den Kabelsendern dauerpräsente Trump-Erklärerin Katrina Pierson sagte schlicht: "Michelle Obama hat die englische Sprache nicht erfunden."

In seinem Lieblingsmedium Twitter schimpft der nun offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gekürte Trump mal wieder auf die "unehrlichen Medien" und teilt gegen die demokratische Rivalin Hillary Clinton aus.

Doch mit ein paar Tweets lässt sich die Abkupferei-Affäre nicht so schnell beenden. Das liegt nicht nur daran, dass 23 Millionen Amerikaner die Rede von Melania Trump im Fernsehen gesehen haben und das Thema daher viele Leute interessiert. Die Episode illustriert zum wiederholten Mal, wie amateurhaft die Organisation des Kandidaten Donald Trump arbeitet. Offenbar hat hier niemand alle Fäden in der Hand.

Der ganze Trubel wäre mithilfe kostenloser Duplikat-Finder-Programme leicht vermeidbar gewesen. Außerdem hatten zumindest einige Mitarbeiter des Trump-Teams eine ganz andere Rede im Sinn: US-Journalisten fanden heraus, dass mit Matthew Scully und John McConnell zwei renommierte Autoren beauftragt wurden, einen Entwurf für Melania Trump zu schreiben. Beide schrieben an jenem Text mit, mit dem sich George W. Bush nach den 9/11-Anschlägen an die Amerikaner wandte.

Wie die New York Times recherchierte, lieferten die beiden im Juni auch tatsächlich einen Entwurf ab - und hörten nie wieder von der 46-jährigen Melania Trump oder deren Beratern. Weil der gebürtigen Slowenin der Entwurf von Scully nicht gefiel, holte sie sich die Unterstützung von Meredith McIver - mit dem desaströsen Ergebnis, dass nun niemand mehr über den Inhalt der Rede spricht, sondern nur über das dreiste Copy-and-Paste.

Dass weder der erfahrene Wahlkampfchef Paul Manafort (mehr über seine Karriere) noch ein anderer Stratege von der eigenmächtigen Aktion erfuhr, ist das offensichtlichste Zeichen von mangelnder Professionalität. Es gibt zahlreiche andere Beispiele, die Insider-Medien wie Politico dokumentieren - etwa im Artikel "11 Dinge, die Trump nicht gemacht hat, bevor er seinen Vize präsentiert". Auch hier zeigt sich, wie unprofessionell Trumps Team agiert.

Im Bezug auf künftige Redebeiträge ist jedoch garantiert: Sämtliche Reden, die die Mitglieder der Trump-Familie (Eric in der Nacht auf Donnerstag sowie Tochter Ivanka und Donald selbst in der Nacht auf Freitag) beim Parteitag noch halten werden, dürften ganz genau auf etwaige Ähnlichkeiten zu historischen Vorbildern überprüft werden.

Linktipps:

  • Die Erklärung von Meredith McIver, versehen mit dem goldenen Logo der Trump Organization, ist hier als PDF nachzulesen.
  • Im aktuellen New Yorker spricht ein anderer Ghostwriter über seine Arbeit mit Donald Trump: Tony Schwartz verfasste mit dem Unternehmer das Buch "The Art of Deal". Heute würde er ein Buch über Trump "Der Soziopath" nennen.

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