Parteitag der Republikaner:Präsident Paranoia

Donald Trump lässt in seiner Parteitagsrede keinen Zweifel: Amerika ist kaputt und er ist die Lösung. Es ist ein beängstigender Auftritt.

Analyse von Johannes Kuhn, New Orleans

Das ist keine normale Rede, das ist kein normaler Kandidat. Mehr als 75 Minuten brüllt Donald Trump am letzten Abend des Parteitags von Cleveland seine Botschaft Tausenden begeisterten Delegierten und Millionen TV-Zuschauern entgegen.

Und nie klang die Botschaft eines amerikanischen Präsidentschaftskandidaten düsterer, brutaler, apokalyptischer, faschistischer.

Die immer noch mächtigste Nation der Welt lebt trotz aller Probleme in einem Zeitalter noch nie dagewesenen Wohlstands. Doch Donald Trump vollendet das Bild, das die rechten Medien um Fox News in den vergangenen Jahren Tag für Tag gezeichnet haben: die Vereinigten Staaten, eine postapokalyptische Ödnis.

Da wären Terror und Kriminalität, die das Land laut Trump im Würgegriff halten: "Das Verbrechen und die Gewalt, die heute unsere Nation trifft, wird bald vorbei sein", verspricht der Kandidat gleich, nachdem er die Nominierung angenommen hat. "Ab 20. Januar 2017 wird die Sicherheit wiederhergestellt sein." Dann will der 70-Jährige ins Weiße Haus einziehen.

Trump lügt, wenn er "keine Lügen" ankündigt

Dass die Kriminalität in Wahrheit rückläufig ist, spielt keine Rolle. "Keine Lügen auf dem Parteitag", verspricht Trump, der die Wahrheit doch beinahe pathologisch verformt. Der Immobilien-Unternehmer will eine Geschichte erzählen, und wenn sie auch eine altbekannte ist: Wie einst der paranoide Richard Nixon präsentiert sich der Republikaner als "Kandidat für Recht und Gesetz".

Trump weicht an diesem Abend nur selten vom Teleprompter ab, und seine Redenschreiber haben seine Botschaft perfekt veredelt. Während Ronald Reagan einen "Morgen für Amerika" versprach, beschreibt Trump die heutige Situation als tiefste Nacht über seinem Land.

Auch die wirtschaftliche Situation, mit fünf Prozent Arbeitslosigkeit besser als in vielen anderen Industriestaaten, deutet Trump zum Signal des Niedergangs um. "Menschen, die hart arbeiten, haben keine Stimme mehr", sagt er. "Ich gebe euch eine Stimme."

Trump nennt Clinton "Marionette" von Konzernen

Seine Wirtschaftsreformen würden sicher von Interessengruppen bekämpft, "Großfirmen, Elite-Medien und Großspender" versammelten sich hinter Hillary Clinton. "Sie werden alles kontrollieren, was sie tut. Sie ist ihre Marionette und sie ziehen die Fäden."

Und überhaupt, Clinton: Selbst Obama bereue doch ihre Ernennung als Außenministerin. Ihr Erbe? "Tod, Zerstörung, Schwäche." "Lasst sie uns im November besiegen", fordert er, während die Halle "Sperrt sie ein, sperrt sie ein" skandiert. "Lock her up", das ist das inoffizielle Motto des Parteitags.

Typisch amerikanischer Optimismus fehlt

Konkrete politische Vorschläge liefert der Kandidat an diesem Abend nicht. Sein Argument: Die USA können gerettet werden, wenn sie ihn zu ihrem Präsidenten machen. Trump alleine ist die Lösung, das genügt. "Unser Credo wird Amerikanismus sein, nicht Globalismus", verspricht er.

Weil der Kandidat an diesem Tag auf offenen Rassismus weitestgehend verzichtet und sogar die Minderheiten des Landes zu erwähnt, wirkt seine Botschaft umso intensiver - und umso beängstigender, weil nun rhetorischer Feinschliff die Demagogie verdeckt.

Wie schon während des gesamten Parteitags fehlt der typisch amerikanische Optimismus, oder auch nur ein positiver Ausblick. Er würde Trump bei seinen Wahlchancen sogar schaden, die davon abhängen, wie viele Wähler er in den umkämpften Bundesstaaten von der Existenz des apokalyptischen Amerikas überzeugen kann.

"Die Geschichte blickt auf uns", sagt Trump gegen Ende seiner Rede. In der Tat.

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