Parteitag: CDU Baden-Württemberg:Ich, der Papa

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Seine Gegner nennen ihn "Rambo", doch der Chef der CDU Baden-Württemberg Stefan Mappus will viel lieber ein Landesvater sein. Darum redet er auf dem Landesparteitag sanft von der Heimat.

R. Deininger, Donaueschingen

Stefan Mappus blickt vom Pult auf und lässt den Blick durch die holzgetäfelte Donauhalle wandern, die erst vor einem halben Jahr eingeweiht wurde. "Diese schöne, neue Halle", sagt der baden-württembergische Ministerpräsident, als wäre er für einen Moment ganz in sich gekehrt. Dann kommt er blitzschnell aus sich heraus: "Raten Sie Mal, welche Fraktion im Donaueschinger Gemeinderat als einzige dagegen war, dass sie gebaut wird?" Die Grünen seien es gewesen, klärt Mappus auf, wer sonst? Natürlich hat er nicht die Zeit, die dem Vernehmen nach komplexe Entstehungsgeschichte der Halle in seiner Rede zu würdigen - vor allem die Gründe, warum man vielleicht auch gegen diese schöne, neue Halle hat sein können.

Er habe mal nachgezählt, wie oft das Wort "Heimat" in den Wahlprogrammen von Grünen und SPD auftauche, sagt Stefan Mappus. (Foto: dpa)

Mappus ist auf Angriff gepolt auf dem Landesparteitag seiner CDU in Donaueschingen, keine dreißig Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt. Man sagt über diesen Stefan Mappus, ihm habe ein politisches Projekt gefehlt, als er im Februar vergangenen Jahres als Nachfolger von Günther Oettinger in die Stuttgarter Villa Reitzenstein einzog. Sogar draußen im Foyer der Donauhalle sagen das Parteifreunde. Mit leiser Stimme, versteht sich. Aber sie sagen auch, dass ihr 44-jähriger Spitzenkandidat immer dann stark sei, wenn er einen Gegner hat, an dem er sich reiben kann.

"Zu schade für Blockade"

Am 27. März ist Landtagswahl in Baden-Württemberg, und Mappus hat sich die Grünen als Gegner ausgesucht. Eindringlich warnt er vor einem Linksruck und ruft: "Ohne Zögern und ohne Skrupel werden die Grünen auch die Alt- und Neukommunisten von der Linkspartei ins Boot holen." Die "Dagegen-Partei" sei "zur Verantwortung nicht fähig", beim Bahnprojekt Stuttgart 21 oder in der Wirtschaftspolitik. Überall, sagt er, "schüren sie Ängste und sammeln die Blockierer und die Verhinderer ein". Die CDU sei die "Dafür-Partei", sagt er, die Baden-Württemberg in 57 Jahren an der Regierung zum "Wachstumsmotor für Deutschland und Europa" gemacht habe - und nun auch nach der großen Krise wieder. "Dieses Land", sagt Mappus, "ist zu schade für Blockade."

Die CDU im Ländle war eine Partei in Aufruhr im vergangenen Herbst, als der Protest gegen Stuttgart 21 seinen Höhepunkt erreichte. In manchen Umfragen lag sie unter 35 Prozent, der Koalitionspartner FDP unter fünf Prozent. Auf einmal war denkbar, was stets als undenkbar galt: Dass die CDU in Baden-Württemberg nicht mehr regiert. Die Gefahr ist noch nicht gebannt, aber die Sorge, das spürt man in Donaueschingen, ist der Zuversicht gewichen. Am Samstagmorgen ist eine neue Emnid-Erhebung bekannt geworden, die CDU hat demnach zwar ein Prozent verloren, von 41 auf 40 Prozent. Aber nach allem, was sie erlebt haben im Herbst des Stuttgarter Missvergnügens, sagen viele Christdemokraten jetzt: Wir haben uns stabilisiert. Und auch die FDP liegt wieder bei fünf Prozent.

Die Grünen sind laut Emnid von 29 auf 27 Prozent gesunken, die SPD nur um einen Punkt auf 20 Prozent gestiegen. Man habe die "Schicksalswahl" noch lange nicht gewonnen, sagt Generalsekretär Thomas Strobl bei seiner Begrüßung. Aber jetzt sehe jeder, dass man sie gewinnen könne. Über die Leinwand in der Donauhalle flimmert ein Wahlkampffilm. Mappus auf dem Bauernhof, Mappus am Fließband, Mappus mit Blaskapelle, und meistens: Mappus ohne Krawatte.

Die Parteitagsregie will auch den Imagewandel befördern, der aus dem Pforzheimer, den der politische Gegner gern einen "Rambo" nennt, einen echten Landesvater macht. Bei aller Lust auf Attacke hat die Rede des Ministerpräsidenten eine eher sanfte Grundmelodie, die man von ihm lange nicht gekannt hat. Ein bisschen Wärme, das haben viele CDU-Mitglieder allzu oft bei ihm vermisst.

"Stolz auf dieses Land"

Den größten Applaus bekommt er freilich, wenn es ums Grundsätzliche geht, um konservative Werte und christliche Orientierung. Er habe mal nachgezählt, sagt Mappus, wie oft das Wort "Heimat" in den Wahlprogrammen von Grünen und SPD auftauche: Zwei Mal fände es sich bei den Grünen, gerade ein Mal bei der SPD. Er wolle da Claudia Roth zitieren, sagt Mappus, der Saal stöhnt auf in Erwartung. Claudia Roth sage, sie liebe dieses Land nicht. Mappus sagt: "Ich bin stolz auf dieses Land. Auf Deutschland und ganz besonders auf Baden-Württemberg."

Und er sei sicher, sagt er, dass die "CDU dieses Land auch weiter gestalten" dürfe. "Wir haben uns aufrecht und mit Rückgrat als die Dafür-Partei präsentiert", sagt Mappus, vor allem in Bezug auf Stuttgart 21. "Inzwischen ist die klare Mehrheit in Baden-Württemberg für Stuttgart 21." Die Grünen, schimpft Mappus, die Sanftheit macht nun doch wieder Pause, setzten auch nach der Schlichtung durch Heiner Geißler auf Protest. Aber das, glaubt er, werde sich nicht auszahlen: "Die Menschen haben genug von der grünen Rechthaberei."

Nachdem die 400 Delegierten in Donaueschingen das Wahlprogramm mit Bildungsschwerpunkt verabschiedet haben, spricht die Bundeskanzlerin. Angela Merkel macht da weiter, wo Mappus aufgehört hat und wirft den Grünen Zukunftsverweigerung vor. "Wer immer erst das Negative sucht, der hat in der Welt des 21. Jahrhunderts verloren."

Wenn es immer nach den Grünen gegangen wäre, sagt sie, "dann wären wir nicht zum Videotext gekommen und schon gar nicht zum Internet". Baden-Württemberg sei ein "Modell deutscher Erfolge", und deshalb müsse "Stefan Mappus Ministerpräsident bleiben". Merkel ist keine enge Freundin des Mannes, zu dessen politischer Rettung sie da eilt, aber sie weiß, dass sein Schicksal ein Stück weit auch ihr Schicksal ist. "Dieser Wahlkampf", sagt sie, "ist ein nicht ganz unwichtiger". So, meint sie, würde man das wohl mit "norddeutschem Understatement" ausdrücken. Er ist so sehr nicht ganz unwichtig, dass Merkel bis zum 27. März acht Mal in Baden-Württemberg auftreten will.

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