Süddeutsche Zeitung

Parteispender:2,5 Millionen Euro für den "echten Sozialismus"

So hat man sich Deutschlands größten Partei-Spender nun wirklich nicht vorgestellt: ein kommunistischer Bergmann aus Moers. Dieser gibt ein politisch korrektes Beispiel ab - er spendet sein Erbe der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschland.

Robert Roßmann

So hat man sich Deutschlands größten Partei-Spender nun wirklich nicht vorgestellt. Friedrich Karl Flick, die Albrecht-Brüder, Reinhard Mohn, die Quandt-Erben oder wenigstens die Deutsche Bank - alle hätte man erwartet, aber nicht diesen kommunistischen Bergmann aus Moers.

Soeben hat Bundestagspräsident Norbert Lammert den neuesten Großspenden-Bericht veröffentlicht, und ganz oben auf der Liste steht: "Michael May, Jahnstraße, 47443 Moers".

500.000 Euro hat der Mann allein im Juni der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zukommen lassen. Insgesamt überwies der Vorruheständler seit Anfang 2005 sogar 2,5 Millionen Euro an die Partei. Wie kommt ein Bergmann an so viel Geld? Und warum schenkt er es ausgerechnet der MLPD?

"Das ist eigentlich ganz einfach", sagt May: "Die MLPD ist eine Partei, die sich in sozialen Kämpfen an die Seite der Arbeiter stellt." Beim großen Streik der Bergleute 1997 habe sie als einzige Partei "ohne Wenn und Aber" auf der Seite der Kumpel gestanden.

"Wir brauchen eine gesellschaftliche Alternative"

Außerdem würden inzwischen ja immer mehr Menschen sehen, dass es so nicht weitergehen könne und "wir eine gesellschaftliche Alternative brauchen". Und da seien "die Vorstellungen der MLPD vom echten Sozialismus" nun mal einleuchtend.

May hat in den Zechen Niederberg, Rheinpreussen, Pattberg und Walsum gearbeitet - und deren Niedergang erlebt. Zuletzt war er als Diplom-Ingenieur in der Hauptverwaltung der Deutschen Steinkohle beschäftigt, seit eineinhalb Jahren lebt May in einer Bergarbeitersiedlung in Moers.

Reich wurde der 57-Jährige erst Ende 2004. Damals starb seine Mutter, May erbte Haus- und Aktienbesitz im Wert von mehreren Millionen Euro. Dass er den Großteil spenden würde, war für ihn eine Selbstverständlichkeit, schließlich "kann ich meinen Lebensunterhalt auch ohne das Erbe selbst bestreiten".

Die MLPD freut es. Sie will das viele Geld angeblich vor allem für ihre Bildungsarbeit nutzen.

Nun offenbaren die Großspenden-Berichte aber auch andere interessante Details. Seit der Verschärfung des Parteiengesetzes müssen alle Spenden von mehr als 50.000 Euro umgehend dem Bundestagspräsidenten mitgeteilt werden, der sie dann in einer Drucksache zu veröffentlichen hat.

Meiste Großspenden an die CDU

13 derartige Mitteilungen haben Wolfgang Thierse und Norbert Lammert seit Januar 2005 herausgegeben. Wer sich durch die Listen kämpft, stellt eine erstaunliche Unwucht bei der Verteilung fest: Von den 58 Großspenden erhielt allein die CDU 28. Die kleine FDP bekam neun, die große SPD nur acht. CSU und MLPD liegen gleichauf bei sechs. Die Grünen müssen sich mit einer einzigen Zahlung begnügen: 60.001 Euro von der Allianz.

Genauere Angaben, etwa über das gesamte Spendenaufkommen, gehen nur aus den Rechenschaftsberichten der Parteien hervor. Diese liegen bisher aber nur für 2004 vor, deshalb der Blick in die aktuelleren Großspenden-Berichte.

Schließlich geben diese auch preis, welche Firmen sich besonders engagieren. Hinter May rangiert überraschenderweise keiner der Großkonzerne, sondern der Landesverband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. 1,15 Millionen spendete der Verband, 1,09 davon an die CSU.

Auf den Plätzen folgen die Deutsche Bank (800.000 Euro), Daimler-Chrysler (600.000 Euro) und BMW. In den Listen wird der Autobauer mit 529.953 Euro ausgewiesen. Dabei handele es sich aber nur um den Gegenwert für den Fuhrpark, den BMW Union, SPD und FDP kostenlos zur Verfügung gestellt habe, schreibt Lammert. Auch eine Art, die Parteienlandschaft zu pflegen.

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Quelle:
SZ vom 26.7.2006
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