Süddeutsche Zeitung

Parteispenden:Das Prinzip der politischen Landschaftspflege

Geldsegen für die Bürgerlichen: Wie Großspender ihre Zuwendungen an Parteien verteilen - und wer davon am meisten profitiert.

Hans Leyendecker

"Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb" - so steht es jedenfalls im zweiten Korintherbrief des Apostels Paulus. "Der Geschäftsmann ist Idealist in der Rede, Zyniker in der Tat" notierte hingegen Bertolt Brecht 1921 in seinem Tagebuch. Das ist in etwa die Spannweite beim ewigen Thema Parteispenden, das durch die frische Millionen-Gabe des Milliardärs August von Finck an die FDP unerwartet neuen Schwung bekommen hat.

Hat der sehr reiche Mann, zu dessen Beteiligungs-Imperium unter anderem vierzehn Hotels in Deutschland gehören, die Mehrwertsteuersenkung für das Hotelgewerbe gekauft oder hat er - unter dem Mantel seiner Substantia AG versteckt - einfach nur gespendet, weil ihm bei der Steuersenkungspartei FDP die Richtung passt? Der Opposition in Berlin leuchtet eher die Brecht'sche Logik ein. Sie redet von "Vorkasse" für ein geändertes Gesetz. Die FDP steht in dieser Frage dem Apostel Paulus näher und findet die Vorwürfe "absurd".

Vor ein paar Jahren erschien zu der Problematik unter dem Titel "Parteigänger und Landschaftspfleger - Eine Analyse der Parteispenden großer deutscher Unternehmen 1984-2005" eine lesenswerte Studie des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsordnung. Der Autor der Studie, der Politikwissenschaftler Martin Höpner, ist weder Paulus-Mann noch Brechtianer, aber er hält die Annahme für "weltfremd, Spenden folgten ausschließlich altruistischen Motiven der Unternehmensleitungen".

Wenn ein paar Nullen links vom Komma stehen, kommen solche Spenden in der Regel dem bürgerlichen Lager zugute. Höpner hat 125 Spendenfälle analysiert. 74 der Zuwendungen waren ausschließlich an die Unionsparteien und die Liberalen adressiert. Nur sechs der Spenden wurden gezielt zur Unterstützung der SPD oder der Grünen gezahlt.

Der Rest waren sogenannte lagerübergreifende Spenden wie sie die Automobilbauer oder Versicherungskonzerne bevorzugen. Obwohl die Zahl dieser Spenden insgesamt relativ gering sei, würden - schreibt Höpner - weit höhere Summen gezahlt als bei den lagerbezogenen Spenden. Für das eher linke Lager gebe es unter den größten deutschen Unternehmen wenig Parteigänger; sie profitierten aber von der Pflege der gesamten politischen Landschaft.

Banken unterstützen oft die FDP

Auch Firmen mit ausgeprägter Mitbestimmung würden in der Regel zwar die bürgerlichen Parteien stärker unterstützen, aber die gezahlten Summen fielen niedriger aus als in Unternehmen ohne Mitbestimmung. Für die Vermutung, starke Arbeitnehmervertreter würden im Unternehmen überdurchschnittlich hohe Spenden an SPD oder Grüne durchsetzen, gebe es "keinen Beleg", heißt es in der Studie.

Banken würden auffällig stark die FDP unterstützen, Handelsunternehmen mehr CDU/CSU. Die Präsenz ausländischer Großaktionäre verringere die "Wahrscheinlichkeit von Parteispenden spürbar". Für Baufirmen seien "unregelmäßig getätigte Spenden an unterschiedliche Parteien typisch".

Bei einem langfristigen Zeitvergleich der Spenden des Porsche-Konzerns weist Höpner darauf hin, dass das Unternehmen 2005 "seine nach dem Prinzip der Landschaftspflege verteilten Spenden kurz vor der kontrovers diskutierten Zukunft von VW-Aktien" um ein Vielfaches erhöht habe - bei der CDU auf 265.000 Euro, bei der SPD auf 220.000 Euro, und bei der FDP auf 80.000 Euro.

Die Verbände spenden gezielt an die Bürgerlichen

Die SPD habe nach der Krise und dem Niedergang der Gemeinwirtschaft die wichtigen Großspender wie Volksfürsorge, coop und Bank für Gemeinwirtschaft verloren. Die SPD profitiere von Großspenden nur noch, "wenn Spender ihre Mittel nach dem Prinzip der politischen Landschaftspflege verteilen".

Die letzten veröffentlichen Rechenschaftsberichte der Parteien stammen aus dem Jahr 2007. Im Gesamthaushalt der SPD machen laut dem Bericht Spenden nur noch einen Anteil von 6,7 Prozent aus. Bei der FDP liegt dieser Anteil bei 22,3 Prozent, bei der CSU sogar bei 24,6 Prozent.

Die in diesen Tagen von Parteienvertretern geführte Diskussion, ob Spenden juristischer Personen wie Unternehmen grundsätzlich untersagt oder zumindest in der Höhe gedeckelt werden sollen, wird nicht nur aus altruistischen Gründen kontrovers geführt. Laut Höpner gibt es nämlich mittlerweile erhebliche "Unterschiede zwischen Unternehmen und Verbänden", insbesondere im Metallsektor.

Während die Konzerne weitgehend lagerübergreifend Spenden verteilten, würden die Verbände das Geld gezielt an die Bürgerlichen spenden. Zu den größten Spendenzahlern der Republik gehören die Verbände der Metall- und der Elektroindustrie. Diese Untergliederungen von Gesamtmetall spendeten im Zeitraum 1998 bis 2005 etwa achtzig Prozent an die Union, mehr als zehn Prozent an die FDP, die SPD erhielt zwischen 2,6 bis sechs Prozent der Millionenspenden.

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SZ vom 26.01.2010/jab
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