Süddeutsche Zeitung

Parteikonvent der SPD:Parteilinke will Steuererhöhungen durchsetzen

Vor Beginn des SPD-Parteikonventes wird klar: Die SPD-Linke will die Forderung nach Steuererhöhungen nicht aufgeben. Das sei auch eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Die Unterschriftenlisten an der Pinnwand vor dem Eingang zum Willy-Brandt-Haus geben ein klares Bild: Volle Blätter dort, wo "Entscheidung für die Opposition" unterstützt werden kann und die Aufnahme von Sondierungsgesprächen mit Linken und Grünen. Unter dem Zettel A) aber: gähnende Leere. Eine Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU will von den vielleicht 50 Demonstranten hier niemand mit seiner Unterschrift Vorschub geben.

Es ist Mittag, gleich beginnt der Parteikonvent, eine Art kleiner Parteitag der SPD mit gut 200 Delegierten. Sie sollen nach den drei Sondierungsrunden mit der Union den Weg für Koalitionsverhandlungen frei machen. Mittwoch schon soll es dann losgehen.

Kurz vorher hat der Parteivorstand mit einer Gegenstimme der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zugestimmt. Ein Zehn-Punkte-Papier, das als Vorlage diente (Die Punkte können hier nachgelesen werden) ist an einigen Stellen noch verändert worden. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung sind zusätzlich noch Forderungen nach einer Veränderung des Betreuungsgeldes sowie Präzisierungen der Formulierungen zum Staatsangehörigkeitsrechtes und der Rentenunterschiede zwischen Ost und West aufgenommen worden.

Skeptisch sind nach wie vor die Linken in der SPD, auch wenn erwartet wird, dass der Konvent der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zustimmt. Am Morgen haben die Linken einen Elf-Punkte-Plan mit ihren "Mindestanforderungen" für Koalitionsverhandlungen formuliert.

Kurskorrekturen

Jan Stöß, Landeschef der linken Berlin-SPD, fasst das vor Beginn des Konventes zusammen. Wobei manche Formulierung durchaus Kompromissbereitschaft erkennen lässt: Es müsse "beim Betreuungsgeld Veränderungen" geben. Die SPD wollte es eigentlich abschaffen. Der Punkt dürfte aufgenommen worden sein. Genau wie die "Präzisierung" der Ost-West-Angleichung von Renten und eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes. Damit sich junge Menschen jetzt nicht mehr etwa für die deutsche und gegen die türkische entscheiden müssten.

Außerdem verlangt Stöß eine "Kurskorrektur bei der Rente mit 67", natürlich den Mindestlohn, die Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften mit der Ehe und Vorschläge zur Finanzierung der Wahlversprechen.

Das Wort Steuerhöhungen nimmt auch er nicht mehr in den Mund. Anders Hilde Mattheis, Sprecherin der im "Forum Demokratische Linke" zusammengeschlossen Parteilinken. Sie ist eine erklärte Gegnerin der sich anbahnenden großen Koalition. Von ihr stammt auch die Gegenstimme im 35-köpfigen Parteivorstand. Steuerhöhungen seien kein Selbstzweck, sagte sie vor Beginn des Konventes. Sie seien ein Mittel um für "Verteilungsgerechtigkeit zu sorgen". Grundlage für weitere Verhandlungen mit der Union müsse deshalb das Steuerkonzept der SPD sein. Ähnlich äußert sich auch Sascha Vogt, Chef der Jusos, der SPD-Jugendorganisation.

Da das die Union wohl nicht mitmachen wird, würde die Forderung auf ein Scheitern der Verhandlungen hinauslaufen. Ein Linksbündnis aus SPD, Linken und Grünen ist dagegen im Moment nicht mal für den Berliner Parteilinken Stöß eine Option. "Die Frage stellt sich heute nicht", sagt er. Er fordert zwar jetzt "einen Annäherungsprozess". Aber der könne realistisch nur mit einer "Perspektive bis 2017" abgeschlossen sein. Eine Entscheidung des Parteikonventes wird für den frühen Abend erwartet.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1798949
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/lala
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.