Süddeutsche Zeitung

Parteienfinanzierung:Kampf ums große Geld

Nach langem Streit gibt die SPD ihren Widerstand gegen ein Stiftungsgesetz auf. Aber alle Parteien wollen die AfD auch weiterhin ausschließen.

Von Markus Balser, Boris Herrmann, Georg Ismar und Paul-Anton Krüger, Berlin

Wie sich verhindern lässt, dass die AfD an das ganz große Geld kommt? Den Parteien im Bundestag war das eigentlich klar. Schon seit Langem stößt auch im Parlament auf Kritik, dass Hunderte Millionen Euro zur Förderung der politischer Stiftungen im Bundestag jedes Jahr aufs Neue eher hemdsärmelig verteilt werden. SPD, Grüne und FDP hatten sich deshalb schon im Koalitionsvertrag vorgenommen, die Stiftungsfinanzierung endlich "rechtlich besser" abzusichern. Nur so glaubte man, die AfD-nahe Stiftung außen vor lassen zu können. Doch dann passierte seit dem Start der Koalition vor mehr als einem Jahr erst mal nichts.

Am Mittwoch kam nun der Mahnbescheid aus Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht forderte die Politik auf, den gesetzlosen Zustand schleunigst zu beenden. Dass die anderen Parteien die AfD allein über eine Entscheidung im Haushaltsausschuss von den millionenschweren Mitteln ausschließen, sei verfassungswidrig, kritisierten die Richterinnen und Richter. Die Stiftungsförderung müsse dringend rechtlich sauber geregelt werden.

Doch wie genau das passieren soll, war in der Koalition bisher umstritten. Grüne und FDP wollten die Standards für die Arbeit der Stiftungen schon länger über ein Stiftungsgesetz regeln. Die SPD aber optierte für den eher lockeren Weg über Verwaltungsvorschriften. Die parteinahe Friedrich-Ebert-Stiftung bekommt so allein 194 Millionen Euro aus dem Finanztopf. Bei ihr hatte es denn auch Bedenken gegen allzu starre Regeln für die Arbeit der Stiftungen gegeben.

Die Union sieht jetzt die Regierungsparteien in der Pflicht

Doch das Urteil erzwingt nun wohl eine Wende. Auch die SPD sprach sich am Mittwoch für den Gesetzesweg aus. "Kein Geld für Verfassungsfeinde - nach diesem Grundsatz werden wir nun schnell ein Stiftungsgesetz im Deutschen Bundestag erarbeiten und verabschieden", kündigte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, an. Man habe sich das ohnehin vorgenommen, aber das Urteil abwarten wollen, sagte Fechner.

Die Koalitionspartner der SPD ließen indes nicht unerwähnt, dass sie sich ein früheres Einlenken gewünscht hätten. "Das Urteil zeigt uns klipp und klar: Augen zu und durch ist auch beim Thema Stiftungsfinanzierung keine gute Strategie", sagte Irene Mihalic, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, der SZ. "Bedauerlicherweise ist jede Initiative, die politischen Stiftungen auf eine saubere gesetzliche Grundlage zu stellen, von Union und SPD bisher abgelehnt worden."

Die AfD soll es nach dem Willen der anderen Parteien weiter schwer haben, an Stiftungsgelder zu kommen. "Extremisten, die die Axt an die Wurzel unserer Demokratie anlegen, dürfen dafür keine öffentlichen Mittel erhalten", warnte Emily Büning, politische Bundesgeschäftsführerin der Grünen. Demokratiefeinde dürften ihre Angriffe auf den Rechtsstaat nicht auch noch mit Steuergeldern finanziert bekommen, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stephan Thomae.

Als Gesetzgeber sei jetzt der Deutsche Bundestag aufgerufen, die sich aus dem Karlsruher Urteil ergebenden Punkte umzusetzen, erklärte die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung. Die Union sieht dabei vor allem die Regierungskoalition in der Pflicht. "Jetzt ist es an der Ampel, einen Gesetzentwurf hierzu vorzulegen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, der SZ. "Wir als Unionsfraktion werden diesen dann sorgfältig prüfen und konstruktiv an der Gesetzgebung mitwirken."

Bisher werden sechs parteinahe Stiftungen durch staatliche Zuschüsse gefördert. Für die SPD ist das die Friedrich-Ebert-Stiftung, für die Grünen die Heinrich-Böll-Stiftung und für die FDP die Friedrich-Naumann-Stiftung. Der CDU steht die Konrad-Adenauer-Stiftung nahe, der CSU die Hanns-Seidel-Stiftung und der Linken die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung bekommt dagegen keine Unterstützung, dagegen hatte die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt.

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