Süddeutsche Zeitung

Parteienfinanzierung:SPD-Agentur vermittelt Treffen mit Spitzenpolitikern - gegen Geld

  • Einem Bericht des ZDF-Magazins "Frontal21" zufolge vermittelt die SPD-Agentur Network Media GmbH (NWMD) gegen Zahlungen Gespräche mit SPD-Spitzenpolitikern.
  • NWMD räumt von Sponsoren finanzierte Treffen ein. Es seien aber keine Gewinne entstanden.
  • Experten sehen einen Anfangsverdacht dafür, dass gegen das Parteienrecht verstoßen wurde.

Können Unternehmen oder Lobbygruppen Termine mit SPD-Bundesministern und anderen Spitzenfunktionären buchen? Darauf deutet ein Bericht des ZDF-Magazins "Frontal21" hin. Demnach soll die SPD-Agentur Network Media GmbH (NWMD) Gesprächsrunden vermittelt haben, für die zwischen 3000 und 7000 Euro gezahlt wurden.

Wie das Magazin berichtet, sollen zu den so vermittelten SPD-Politikern Justizminister Heiko Maas, Arbeitsministerin Andrea Nahles, Umweltministerin Barbara Hendricks, Familienministerin Manuela Schwesig, Bundestags-Fraktionschef Thomas Oppermann, Generalsekretärin Katarina Barley, der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Matthias Machnig und der Bundestagsabgeordnete Hubertus Heil an gehören.

NWMD habe betätigt, dass es in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt weniger als zehn Gespräche dieser Art pro Jahr gegeben habe. Dem Magazin liegen darüber hinaus Angebote und ein Kostenvoranschlag zu sogenannten Vorwärts-Gesprächen vor. Der Vorwärts ist die traditionsreiche Parteizeitung der SPD. Der Agentur zufolge soll es allerdings darum gegangen sein, Sponsoren zu finden, die die Kosten von Veranstaltungen mit den Politikern übernehmen könnten.

Als Beispiel für ein Treffen berichtet "Frontal21" über Gespräche mit Justizminister Heiko Maas zum Thema "Datenschutz in der digitalen Welt", das von der niederländischen Bank ING-DiBa gesponsert wurde. Der Minister gab allerdings an, nichts vom Sponsoring gewusst zu haben. Die ING-DiBa teilte dem Magazin zufolge mit, es sei lediglich darum gegangen, den Minister kennenzulernen. Gegenleistung hätte man nicht erwartet.

Parteichef Sigmar Gabriel habe erklärt, er wisse nichts von solchen gesponserten Gesprächen und habe auch nie an solchen teilgenommen, heißt es im Beitrag des Magazins.

Der NWMD zufolge geht die Berichterstattung über "vermeintlich zu buchende Politikergespräche an der Wirklichkeit vorbei". Aus der Vorwärts-Gesprächsreihe seien keine Gewinne entstanden. Darüber hinaus wären die Teilnehmer nicht vom Sponsor bestimmt.

"Intelligente, aber rechtswidrige Umgehung der Parteienfinanzierung"

Experten kritisieren "Frontal21" zufolge das Vorgehen: "Es liegt der Anfangsverdacht vor, dass hier gegen das Parteienrecht verstoßen worden ist", zitiert das Magazin den Münchner Rechtsexperten Frank Saliger. Er fordert eine umgehende Prüfung der gesponserten Gespräche.

Als "eine sehr intelligente, aber im Endeffekt trotzdem rechtswidrige Umgehung der Parteienfinanzierung" bezeichnete die Verwaltungsrechtlerin Sophie Schönberger von der Universität Konstanz diese Art des Sponsorings. " Es könne nicht sein, dass durch die Zwischenschaltung einer GmbH legal wird, was sonst illegal wäre.

Harsche Kritik kommt von der Organisation LobbyControl. Wenn die SPD ihr Spitzenpersonal wie Ware feilbiete und Lobbyisten exklusiven Zugang zur Politik verschaffe, sei eine Grenze überschritten. "Politik darf nicht käuflich sein oder auch nur den Anschein erwecken, käuflich zu sein", erklärte Christina Deckwirth von LobbyControl. Gerade in Zeiten des zunehmenden Vertrauensverlustes in die etablierten Parteien sei dies das Gift für unsere Demokratie.

Bereits in der Vergangenheit sind sowohl SPD als auch CDU vorgeworfen worden, Gespräche mit ihrem Personal gegen Geld ermöglicht zu haben. 2010 etwa wurden die sogenannten Kamingespräche bekannt, die der Vorwärts gegen die Schaltung teurer Anzeigen vermittelt hatte. Im gleichen Jahr hatte die CDU in Nordrhein-Westfalen Treffen von Sponsoren mit dem damaligen Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gegen Zahlungen ermöglicht.

LobbyControl fordert nun, käufliche Kontaktvermittlungen für Parteien auch über parteieigene Firmen oder assoziierte Vereine zu verbieten und Sponsorzahlungen und Parteispenden offenzulegen.

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