Parteien - Potsdam:Linke: Vergesellschaftung von Wohnimmobilien ist machbar

Berlin
Harald Wolf (Die Linke), spricht bei der 53. Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses. Foto: Sonja Wurtscheid/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Potsdam/Berlin (dpa/bb) - Wohnungen sind genau wie Grund und Boden knapp geworden in Berlin. Die Linke in der Hauptstadt will deshalb den weiteren Verkauf von landeseigenen Grundstücken verhindern und schlägt dafür ein Bodensicherungsgesetz vor. Gleichzeitig hält sie die Vergesellschaftung von Wohnimmobilien rechtlich und finanziell für möglich. "Es geht, man kann es machen, und es ist sinnvoll, weil wir damit einen spekulativen Kreislauf auf dem Berliner Immobilienmarkt unterbrechen", sagte der frühere Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf auf der Klausurtagung der Berliner Linken am Samstag in Potsdam.

Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher wies allerdings darauf hin, es könne schwierig werden, für ein Vergesellschaftungsgesetz in Berlin eine parlamentarische Mehrheit zu finden. Auch die Linksfraktionsvorsitzende Carola Bluhm räumte ein, dass das Thema bei Rot-Rot-Grün umstritten ist: "Wir sind da eine Koalition mit drei Meinungen." 

Es sei aber ein gutes Zeichen, dass sich der Koalitionsausschuss auf ein Treffen mit der Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" geeinigt habe, die mit einem Volksbegehren die Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen erreichen will und das Thema in der Hauptstadt auf der politischen Tagesordnung hält - auch nachdem das Mietendeckel-Gesetz im Februar in Kraft getreten ist.  

Harald Wolf erklärte, dass der Markt für Immobilien ganz anders als etwa der für Autos oder Handys funktioniere. "Grund und Boden sind nicht beliebig verfügbar". Auf eine steigende Nachfrage lasse sich nicht mit höherer Produktion reagieren. Entsprechend stiegen die Preise, erklärte Wolf. Hinzu kommt dem Linken-Politiker zufolge, dass die Nachfrage in immer stärkerem Maß von Investoren bestimmt werde, die Immobilien als Finanzanlage betrachteten.

Es gebe inzwischen massive Spekulationen auf dem Berliner Immobilienmarkt, was die Preise nach oben treibe. "Das Problem kriegt man durch Bauen, Bauen, Bauen nicht weg", sagte Wolf. Eine Überführung in Gemeineigentum sei deshalb grundsätzlich sinnvoll.

Wolf erklärte unter Berufung auf das Bundesverfassungsgericht, die Entschädigung müsse sich nicht starr am Marktwert der Immobilie orientieren. Der Gesetzgeber könne auch eine darunterliegende Entschädigung festlegen. Und: Die Höhe der Entschädigung dürfe den Zweck der Überführung in Gemeineigentum nicht konterkarieren.

Vor diesem Hintergrund sei sie mit Hilfe langfristiger Darlehen finanzierbar. Der ehemalige Wirtschaftssenator zeigte das in einer "groben Beispielrechnung" für die Berliner Bestände der Deutsche Wohnen. Danach ließe sich der Kredit für die Entschädigungssumme innerhalb von 18 Jahren vollständig zurückzahlen - und gleichzeitig jährlich noch eine dreistellige Millionensumme an Gewinn erreichen.

Der wohnungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff, bemerkte zu den Überlegungen, der Populismus der Linken erreiche immer neue Höhepunkte. "Enteignungen sind genauso wenig eine Lösung der Berliner Wohnungsnot wie der rechtsunsichere Mietendeckel oder unwirtschaftliche Vor- und Rückkäufe. Die "sozialistischen Träumer von Verstaatlichungen" versuchten, Berlins Mieter mit ihrer "Schönrechnerei" für dumm zu verkaufen. "Den wohnungspolitischen Kurs der Linken, Berlin zu ihrer Modellstadt einer kleinen DDR zu entwickeln, lehnen wir klar ab", betonte Gräff.

Nach dem Willen der Linksfraktion sollte Grund und Boden in Landeseigentum nicht mehr verkauft werden. "Wir brauchen deshalb ein Bodensicherungsgesetz", sagte ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Steffen Zillich. Gleichzeitig soll es künftig ein Kataster der öffentlichen Liegenschaften geben, das transparent macht, was das Land an Grund und Boden besitzt.

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