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Parteien - München:Nicht mal eine Tagesordnung: AfD bricht Fraktionsklausur ab

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München (dpa/lby) - Nach nur knapp einem Tag musste die AfD-Fraktion im bayerischen Landtag ihre Herbstklausur wegen interner Streitigkeiten wieder abbrechen. Nach Angaben eines Fraktionssprechers wollte der Vorstand seine Beratungen aber fortführen. Zuvor hatten zwölf Abgeordnete die Klausur verlassen. Insgesamt umfasst die AfD-Fraktion 20 Abgeordnete.

Hintergrund für den neusten Zwist zwischen den seit Monaten heillos verkrachten Fraktionsflügeln war die Tagesordnung für die eigentlich dreitägige Klausur. Zuvor hatte der Bayerische Rundfunk bereits darüber berichtet.

In der 20-köpfigen Fraktion gibt es seit April eine zwölfköpfige Gruppe, die den Fraktionsvorstand um Chefin Katrin Ebner-Steiner und Ingo Hahn ablehnt. Für eine Abwahl fehlte ihr aber bisher auch die notwendige Zweidrittelmehrheit.

Nach Aussage des AfD-Abgeordneten Andreas Winhart hatten sich die Parlamentarier seit Beginn der Sitzung am Dienstag über eine Vielzahl von Anträgen zur Tagesordnung gestritten. Dabei sei die Neubesetzung der AfD-Posten bei sämtlichen Landtagsgremien wie Ausschussposten und im Ältestenrat besonders heftig umstritten gewesen. Hahn habe es abgelehnt, überhaupt über die Anträge abstimmen zu lassen. "Irgendwann reicht es einfach, das ist vertane Lebenszeit", sagte Winhart. Er selbst gehört auch zur zwölfköpfigen Gruppe, auf deren Antrag die Klausur schließlich abgebrochen wurde.

Laut Winhart steht aber dennoch derzeit keine Aufspaltung der Fraktion zur Debatte. Die Zwölfergruppe wolle sich jetzt auf ihre inhaltliche Arbeit konzentrieren, sagte er.

"Wir bedauern sehr, dass es trotz unserer konstruktiven Angebote zum Abbruch der Tagung gekommen ist", sagte dagegen Hahn. Der Vorstand habe aber entschieden, eine Arbeitssitzung zu Themenbereichen wie Corona, Inneres und Europa fortführen zu wollen. Auch die Pressekonferenz am Donnerstag solle wie geplant stattfinden.

Die aktuelle Fraktionsspitze um Ebner-Steiner und Hahn hatte zuletzt im Mai nur knapp ein Misstrauensvotum in der Fraktion überstanden. Für ihre Abwahl fehlte den Gegnern die per Satzung vorgeschriebene Zweidrittelmehrheit. Schon damals zeichnete sich ab, dass die Zusammenarbeit in der zerstrittenen Fraktion noch schwieriger wurde. Dieser Eindruck bestätigte sich nun einmal mehr.

Die AfD-Fraktion im Landtag macht praktisch seit ihrer Wahl 2018 immer wieder Schlagzeilen mit internen Querelen. Es gab zwei Fraktionsaustritte und schon viele erbitterte Machtkämpfe und Intrigen. Im Sommer 2019 stellten mehrere Abgeordnete Strafanzeige gegen Ebner-Steiner, wegen der Veröffentlichung privater E-Mails. Juristisch blieb dies folgenlos: Die Staatsanwaltschaft sah nach eigenen Angaben von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab. In Umfragen spiegelt sich der Dauerstreit auch längst ab - holte die AfD bei der Landtagswahl noch 10,2 Prozent der Stimmen, liegt sie seit Monaten nur noch bei fünf bis sieben Prozent.

Ende September 2019 wurde die Niederbayerin, die stets zum inzwischen offiziell aufgelösten rechtsnationalen "Flügel" der AfD zählte und eine Vertraute des AfD-Rechtsaußens Björn Höcke ist, dann dennoch im Amt bestätigt - in der Sitzung waren aber nur zwölf Abgeordnete anwesend. Zum Co-Chef wurde Hahn gewählt. Der Dauerstreit war damit aber nicht beigelegt, sondern schwelte weiter.

Noch völlig offen ist daher, wie die Zusammenarbeit nach dem jüngsten Eklat in den kommenden Monaten aussehen soll. Die nächste Wahl des Fraktionsvorstands ist für den Herbst 2021 geplant. Das Thema dürfte aber auch auf dem anstehenden AfD-Landesparteitag am 26. September im fränkischen Greding für viel Gesprächsstoff und Streit sorgen.

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