Parteien - Leinfelden-Echterdingen:Theurer schwört Südwest-Liberale auf Bundestagswahlkampf ein

Baden-Württemberg
Michael Theurer, Vorsitzender der FDP Baden-Württemberg. Foto: Christoph Schmidt/dpa (Foto: dpa)

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Stuttgart (dpa/lsw) - Mit heftiger Kritik am politischen Gegner haben sich die Südwest-Liberalen auf den anstehenden Bundestagswahlkampf eingestimmt. FDP-Landeschef Michael Theurer griff am Samstag auf dem Landesparteitag in Stuttgart Grüne, SPD und vor allem die CDU an. Den Christdemokraten im Südwesten warf er Unterwürfigkeit in der grün-schwarzen Koalition vor. "Die Union gibt in vielen Bereichen ein jämmerliches Bild ab", sagte Theurer. CDU-Landeschef Thomas Strobl habe sich politisch vor Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) "in den Staub geworfen". Was die CDU inhaltlich nicht durchsetzen konnte, sei durch mehr Posten für Minister und Staatssekretäre ausgeglichen worden.

Mehr als 350 Delegierte kamen in der Stuttgarter Messe zusammen. Der 54-jährige Theurer wurde mit 88,1 Prozent als Landesvorsitzender wiedergewählt. Der Diplom-Volkswirt aus Horb führt die Partei in ihrem Stammland seit 2013 an. Die Orientierung an der sozialen Marktwirtschaft müsse man bei der CDU mit der Lupe suchen, sagte er. Auch gegen andere Parteien teilte er aus: Die SPD verharre in Neid- und Umverteilungsdiskussionen, die Grünen blieben eine Verbots- und Verzichtspartei. Mit Blick auf die Bundesregierung sprach er vom "Pleiten-Pech-und-Pannen-Minister" Jens Spahn, vom "Ankündigungsminister" Peter Altmaier, vom "Maut-Desaster-Minister" Andreas Scheuer und vom "Schuldenminister" Olaf Scholz.

Theurer warnte auch vor einer rot-rot-grünen Koalition im Bund. Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock müsse sich erklären, ob sie bereit sei, sich mit den Stimmen der Linkspartei wählen zu lassen.

Der Bundestags-Fraktionsvize versprach in seiner Rede, den "Bürokratiedschungel" in Deutschland ausmisten zu wollen. Er warb für ein Festhalten an der Schuldenbremse und für eine wirtschaftsfreundliche Politik für die Nach-Corona-Zeit. Die Corona-Hilfen für den Mittelstand müssten endlich ankommen. Wenn die FDP nicht für die kleinen und mittleren Unternehmen kämpfe, tue es niemand. Die CDU habe ihren "ordnungspolitischen Kompass" längst aufgegeben. Er kritisierte Dirigismus und "staatliche Manipulation". Klimapolitik könne man nicht national machen. Mit dem größten Dirigismus könne man das Weltklima auch nicht schützen. Theurer warb dafür, Verbrennermotoren mit synthetischen Kraftstoffen zu betreiben.

Theurer versprach mit Blick auf die Bundestagswahl, Bürger und Unternehmen entlasten zu wollen. "Der FDP geht es darum, den Neustart nach Corona zu organisieren", sagte er der dpa im Vorfeld des Parteitags. "Der Aufholwettbewerb kann nur gelingen, wenn der Dreiklang entlasten, entfesseln, investieren umgesetzt wird." Die FDP wolle, dass 25 Prozent des Bruttoinlandsproduktes investiert werden. Finanzspielräume müssten für eine Steuerentlastung genutzt werden. Theurer fordert eine Technologieoffensive - auch für den Klimaschutz.

Die FDP Baden-Württemberg hat nach Angaben des Landesverbands 8550 Mitglieder - das sei der höchste Stand seit 1981. Theurer sagte, er wolle die vielen neuen Parteimitglieder aktiv einbinden. Bei der Landtagswahl kam die FDP auf 10,5 Prozent - 2016 auf 8,3 Prozent. Die Liberalen führten Sondierungsgespräche mit SPD und Grünen zur Bildung einer gemeinsamen Regierung, die Grünen entschieden sich dann aber für eine Neuauflage des Bündnisses mit der CDU. Bei der Bundestagswahl 2017 erreichten die Liberalen 12,7 Prozent.

Man sei bereit gewesen für eine Ampel-Koalition mit Grünen und SPD im Südwesten, sagte Theurer. Wenn Kretschmann sage, dass es mit der FDP inhaltlich schwieriger gewesen wäre als mit der CDU, sehe man das als Kompliment. Man wolle die bräsige Regierung nun vor sich hertreiben. Man sei nicht bereit gewesen, sich so zu verbiegen wie die CDU, sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Rülke kritisierte die geplante grün-schwarze Nahverkehrsabgabe als "verkehrspolitische Planwirtschaft". Theurer kritisierte die geplante Solarpflicht für Häuslebauer im Südwesten.

"Die FDP könnte endlich mal aus ihrer Schmollecke herauskommen", reagierte die CDU-Generalsekretärin Isabell Huber auf die Kritik. "Erst hat die FDP keine Lust zu regieren, heute ist sie unfähig dazu. Schuld sind immer die anderen." Huber nannte die Liberalen schlechte Verlierer. "Sie sollten es mit Inhalten probieren – dann klappt es vielleicht auch mit dem Regieren wieder."

FDP-Fraktionschef Rülke wurde mit 80,5 Prozent der Stimmen als Parteivize bestätigt, bei den Vorstandswahlen 2019 in Heilbronn kam er noch auf 87,7 Prozent. Auch Gabriele Heise (90,5 Prozent) und Pascal Kober (79,9 Prozent) wurden erneut zu stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt. Michael Link wurde mit 96,4 Prozent erneut zum Schatzmeister, Judith Skudelny mit 83,3 Prozent wieder zur Generalsekretärin bestimmt.

© dpa-infocom, dpa:210619-99-59869/4

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