Parteien:Laschet führt die CDU - Appelle an Merz

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Der neue Parteivorsitzende Armin Laschet spricht zum Abschluss beim digitalen Bundesparteitag der CDU. Foto: Michael Kappeler/dpa (Foto: dpa)

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Berlin (dpa) - Nach der Wahl von Armin Laschet zu ihrem neuen Vorsitzenden ringt die CDU mit Blick auf das Superwahljahr 2021 um Geschlossenheit.

Sie will dabei möglichst auch die unterlegenen Bewerber Friedrich Merz und Norbert Röttgen eng einbinden. Während sich Röttgen in das Präsidium wählen ließ und sich so in die engste Parteiführung integrierte, sorgte Merz für Unruhe in der Partei: Er bot Laschet überraschend an, in die jetzige Bundesregierung einzutreten und das Wirtschaftsministerium von Peter Altmaier (CDU) zu übernehmen. Kanzlerin Angela Merkel wies den Vorstoß umgehend zurück. Führende Unionspolitiker riefen dazu auf, nicht auf Merz zu verzichten.

NRW-Ministerpräsident Laschet wurde am Samstag zum Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer gewählt, die das Amt nach nur rund zwei Jahren wieder abgab. Beim rein digitalen Bundesparteitag setzte sich der 59-Jährige gegen den ehemaligen Unionsfraktionschef Merz mit 521 gegen 466 Stimmen durch. Laschet kam damit auf 52,6 Prozent der abgegebenen Stimmen inklusive der Enthaltungen, Merz auf 47,0 Prozent. Der CDU-Außenpolitiker Röttgen war schon im ersten Wahlgang ausgeschieden. Das Ergebnis der Online-Abstimmung muss noch formal per Briefwahl bestätigt werden, um rechtssicher zu sein. Auf dem Wahlzettel der 1001 Delegierten steht dabei nur noch der Name Laschet. Das Ergebnis soll am kommenden Freitag (22.1.) bekannt gegeben werden.

Mit der Wahl des Parteivorsitzenden beendete die CDU eine fast einjährige Hängepartie, nachdem Kramp-Karrenbauer im Februar 2020 ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur für den CDU-Vorsitz erklärt hatte. Offen bleibt, wer die Union als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl führen wird. Laschet hielt sich dazu bedeckt.

Der neue Parteichef rief die CDU nach seiner Wahl zu Geschlossenheit auf - gerade auch mit Blick auf die Bundestagswahl am 26. September. "Alle werden gegen uns sein, SPD, Grüne und Linke." Von der anderen Seite komme aggressiv die AfD. "Und auch die FDP wird nicht das Hauptziel haben, dass der nächste Kanzler wieder von der CDU gestellt wird", sagte Laschet. "Deshalb müssen wir uns jetzt gegen alle die zusammentun."

Laschet machte deutlich, dass er Merz in die Partei einbinden will. Sie schätzten sich gegenseitig seit langen Jahren. Er habe mit Merz verabredet, gemeinsam zu überlegen, "wie auch sein Beitrag für unsere Partei aussehen kann", sagte der neue Parteichef. "Es ist für uns eine wichtige Persönlichkeit. Und unabhängig von den Personen müssen wir die Themen, die er uns ins Stammbuch schreibt, jetzt noch intensiver bearbeiten."

Laschet war nach eigenen Angaben zu diesem Zeitpunkt von Merz bereits über sein Interesse am Posten des Wirtschaftsministers informiert worden. Er habe ihm aber nur einen Platz im Präsidium angeboten, sagte er in der ARD und im ZDF. Das Angebot, in der neuen Parteiführung mitzumachen, bleibe bestehen. "Andere Themen stehen im Moment nicht an." Umgehend nach Bekanntwerden des Merz-Vorstoßes sagte ein Regierungssprecher: "Die Bundeskanzlerin plant keine Regierungsumbildung."

Auch CSU-Chef Markus Söder sagte, alle seien sich einig, "dass wir keine Veränderung brauchen". Im ZDF-"heute journal" betonte er zugleich, er würde sich grundsätzlich wünschen, dass Merz "im Team bleibt". Die CDU-Vizevorsitzende Julia Klöckner nannte es ein "wichtiges Signal der Geschlossenheit an die Partei", dass Laschet Merz einbinden wolle. "Ebenso ist es ein Signal der Geschlossenheit, wenn Friedrich Merz weiter an Bord bleibt, seine Fähigkeiten einbringt", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Merz hatte es im Gegensatz zu Röttgen abgelehnt, für das Präsidium zu kandidieren.

Zu stellvertretenden Vorsitzenden wurden Volker Bouffier (806 Ja-Stimmen), Julia Klöckner (787), Silvia Breher (777), Thomas Strobl (670) und Jens Spahn (589) gewählt. Der Gesundheitsminister rückt neu in den Kreis auf. Er hatte vor der Vorsitzendenwahl eine Fragerunde mit den drei Bewerbern zu einer Werberede für Laschet genutzt. Dies wurde ihm in der Partei teilweise als unsportliches Verhalten angekreidet. Laschet und Spahn verstehen sich als Team. Spahn entschuldigte sich am Sonntag auf Twitter: ""Ich sehe im Nachhinein: Es war nicht das passende Format. Das bedauere ich."

Merkel gratulierte Laschet auf Twitter zur Wahl und schrieb: "Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit." Kramp-Karrenbauer rief zur Geschlossenheit auf: "Und jetzt alle zusammen für unsere Union und unser Land." Söder erklärte in Nürnberg: "Armin Laschet und ich werden, da bin ich ganz sicher, für alle weiteren Fragen, die mal anstehen, eine gemeinsame, kluge und geschlossene Lösung finden." Die Kanzlerkandidatur sprach er nicht direkt an. Laschet sagte dazu im ZDF: "Wir werden im April gemeinsam einen Kanzlerkandidaten finden."

Laschet hatte in seiner streckenweise emotionalen Bewerbungsrede seine Erfahrung als Regierungschef ins Feld geführt. "Man muss das Handwerkszeug einer Politik der Mitte beherrschen", sagte er. Er verwies auf die Verhandlungen zum Kohleausstieg oder den Kampf gegen Kriminalität in NRW. Laschet forderte ein "Modernisierungsjahrzehnt" und betonte: "Die CDU muss wieder zur Ideenschmiede und zum Ort der Diskussion werden." Die Partei sei keine "One-Man-Show", betonte er.

Merz beanspruchte die Kanzlerkandidatur in seiner Bewerbungsrede für den Fall seiner Wahl zum Parteichef indirekt für sich. Sein Anspruch sei "Führung dieser Partei, aber auch Führung unseres Landes", sagte der 65-Jährige. Der im ersten Wahlgang unterlegene Röttgen warb für eine Erneuerung der CDU. Die Partei müsse wieder der Ort sein, wo Zukunftsfragen diskutiert werden und Antworten gefunden werden.

Auch die politische Konkurrenz gratulierte Laschet. SPD-Chefin Saskia Esken wünschte gutes Gelingen beim Zusammenführen der CDU. "In der Koalition steht mit der Bewältigung von Corona eine Herausforderung an, die keinen weiteren innerparteilichen Wettbewerb der Konservativen verträgt." Der FDP-Vorsitzende Chef Christian Lindner erinnerte an die gute Zusammenarbeit früher in Nordrhein-Westfalen. Die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck erklärten: "Wir freuen uns auf einen spannenden politischen Wettbewerb um die Frage, welche Kraft unser Land mutig, entschlossen und mit neuem Schwung aus der Krise in dieses entscheidende Jahrzehnt führt."

Deutlich kritischer äußerte sich die Linken-Vorsitzende Katja Kipping: "Mit Laschet hat die CDU nun einen neuen Parteivorsitzenden, aber noch lange keinen Kanzlerkandidaten. Egal, wer dann das Rennen um CDU-Kanzlerkandidatur gewinnt, die CDU wird nicht bereit sein, die Weichen so stellen, dass wir gerecht aus der Krise kommen." Der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen schrieb in einer Mitteilung: "Schlechte Nachrichten für Deutschland: Jetzt wird weitergemerkelt!"

© dpa-infocom, dpa:210117-99-56303/5

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