Parteien - Kiel:Grote: Sayn-Wittgenstein gehört nicht ins Parlament

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Kiel/Neumünster (dpa/lno) - Ein Facebook-Video der ehemaligen AfD-Abgeordneten Doris von Sayn-Wittgenstein mit dem Titel "Wann kommen die links-grünen Lager?" sorgt für Empörung. Darin fragt sie etwa: "Wann kommen die ersten grün-rot-schwarzen Umerziehungslager, wann die ersten KZs der neuen Nazis?"

Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) erklärte am Samstag: "Diese Frau gehört nicht ins Parlament". Es sei richtig, dass Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU) die fraktionslose ehemalige AfD-Abgeordnete zum sofortigen Rücktritt aufgefordert habe. "Ich finde es bedenklich, dass sie sich Vertreterin des Volkes nennt, wenn sie so agiert. Ich glaube nicht, dass Volk so denkt."

Schlie sagte am Rande eines CDU-Landesparteitags in Neumünster, es sei nicht möglich, Sayn-Wittgenstein das Mandat zu entziehen. "Ich habe rechtlich keine Möglichkeit", sagte er. Es habe in der Geschichte der Bundesrepublik seines Wissens bislang keinen Fall gegeben, in dem einem Abgeordneten das Mandat entzogen worden sei.

Sayn-Wittgenstein teilte der dpa zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen mit, "die Reaktion des Herrn Landtagspräsidenten belegt die Vorwürfe in meinem Video geradezu". Der CDU-Politiker beschädige sein Amt und "sollte deshalb zurücktreten".

SPD-Bundesvize und Fraktionschef Ralf Stegner hatte am Freitag angekündigt, Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen die von der AfD ausgeschlossene Abgeordnete zu erstatten. Stegner sagte der dpa, dieser Beitrag sei übelste Volksverhetzung und richte sich gegen SPD, CDU und Grüne mit der Behauptung, diese seien die neuen Nazis und wollten KZs einrichten und Unschuldige verfolgen. "Wenn eine rechtsradikale Partei - und Frau von Sayn-Wittgenstein war ja zur Vorsitzenden der AfD Schleswig-Holsteins gewählt worden - Demokraten als neue Nazis beschimpft und mit solchen Hetztiraden überzieht, muss das Konsequenzen haben", betonte Stegner. Am Samstag bezeichnete er sie auf Twitter als "Schande für den Landtag".

Schlie hatte am Freitagabend gesagt: "Es ist unerträglich und bedarf einer strafrechtlichen Überprüfung, dass eine Abgeordnete des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Doris von Sayn-Wittgenstein, sich per Video auf Facebook mit widerwärtiger Hetze, wirren Verschwörungstheorien und strafrechtlich relevanten Unterstellungen als Rechtsextremistin entlarvt." Noch deutlicher könne man sich nicht außerhalb des demokratischen Spektrums stellen. "Ich fordere die Abgeordnete auf, ihr Mandat mit sofortiger Wirkung niederzulegen."

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christopher Vogt erklärte am Samstag, "die jüngsten rechtsextremen Verschwörungstheorien sind wirklich das Allerletzte" und einer Abgeordneten eines deutschen Parlaments mehr unwürdig. Besonders erschreckend sei, dass Sayn-Wittgenstein mittlerweile zwar von der Bundespartei aus der AfD ausgeschlossen wurde, sie aber erst vor kurzem noch eine Mehrheit auf dem AfD-Landesparteitag bei der Wahl zur Vorsitzenden erhalten habe. "Daran sieht man, wie weit rechts die Nord-AfD innerhalb der ebenfalls völlig radikalisierten Bundespartei steht. Da gibt es insgesamt keinen Unterschied zur NPD mehr."

Sayn-Wittgenstein hatte ihren fünfminütigen Vortrag am 5. November auf Facebook veröffentlicht. Darin wirft sie dem Staat vor, zur Denunziation von Bürgern beim Verfassungsschutz aufzurufen: "Das (...) fühlt sich doch nach Diktatur an. Spätestens jetzt hat das Regime Merkel seine Maske fallen gelassen. Wann werden die Ersten abgeholt? Wann kommen die ersten grün-rot-schwarzen Umerziehungslager, wann die ersten KZs der neuen Nazis?"

Und weiter führt sie aus: "Wann wird die elterliche Sorge, der Führerschein oder was sonst noch entzogen? Diese neuen Nazis haben sogar keine Hemmungen, uns einen waschechten Antifa-Mann mit Hitlergruß als Gefahr von rechts unterzujubeln. Ich könnte mir vorstellen, dass die meisten dieser öffentlichkeitswirksamen rechten Straftaten unter falscher Flagge verübt werden."

Die AfD hat die damalige schleswig-holsteinische Landesvorsitzende im August wegen Kontakten zu einem rechtsextremen Verein aus der Partei geworfen.

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