Parteien - Hannover:Staatsschutz ermittelt wegen gefälschter Grünen-Plakate

Parteien - Hannover: Niedersachsens stellvertretende Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg. Foto: Michael Matthey/dpa/Archivbild
Niedersachsens stellvertretende Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg. Foto: Michael Matthey/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Hannover (dpa/lni) - Niedersachsens Grüne sind zur Zielscheibe einer Fake-Kampagne geworden. Einer Parteisprecherin zufolge wurden in mindestens vier Städten - Hannover, Osnabrück, Göttingen und Lüneburg - gefälschte Parteiplakate aufgehängt. Zudem wurde die Homepage des Grünen-Landesverbands kopiert und um eine falsche Pressemitteilung mit angeblichen Plänen für die Verkehrspolitik ergänzt, die auch per Mail verschickt wurde. Bereits am Dienstag stellten die Grünen wegen der Aktion Strafanzeige. Wie die Polizei Hannover am Donnerstag bestätigte, ermittelt der Staatsschutz in der Sache. Auch die Staatsanwaltschaft prüfe den Fall.

Die Grünen-Landeschefin Anne Kura sprach von einer "Desinformationskampagne". Man sei immer bereit für einen Dialog über die Inhalte der Grünen. "Wir halten es aber für einen falschen Ansatz, die Menschen im Land mit dieser Kampagne zu täuschen und zu verunsichern. Dadurch verspielt man das Vertrauen in die Politik. Ein produktiver Dialog ist so nicht möglich", sagte Kura der dpa.

Auf den Plakaten ist unter anderem Niedersachsens stellvertretende Ministerpräsidentin und Volkswagen-Aufsichtsrätin Julia Willie Hamburg mit dem Slogan "VW steht für Verkehrswende" zu sehen. Ein anderes Poster, das am Donnerstag noch in Hannover hing, zeigt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit einer Spitze gegen Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). "Das sind keine Inhalte von uns", betonte die Grünen-Sprecherin Heike Köhn.

"Noch ist völlig unklar, wer dahinter steckt", sagte Köhn. "Wir sind dem auf der Spur." Fraglich ist etwa noch, auf welchen Namen die Webseite angemeldet wurde. Nach Ansicht der Partei stören die Urheber der Kampagne die politische Debatte, indem sie sich mit ihren Botschaften als die Grünen und als Mandatsträger ausgeben.

Auch der Außenwerber Ströer, auf dessen Plakatflächen die Motive zu sehen waren, kennt den Urheber nicht. "Es handelt sich nicht um einen regulär gebuchten Auftrag", sagte ein Ströer-Sprecher. "In solchen Fällen kümmern wir uns umgehend um die Entfernung solcher Plakate." Wie viele Plakate insgesamt im Umlauf waren, war unklar.

Die Fälscher haben einiges an Aufwand in ihre Aktion gesteckt: Tatsächlich sehen die Plakate mit dem Design, das auch im Landtagswahlkampf vor wenigen Monaten verwendet wurde, täuschend echt aus. Die Fake-Webseite ist nahezu ein Spiegelbild der echten Grünen-Seite, samt Fotos und Kontaktdaten der Mitarbeiter, selbst das Impressum wurde mitkopiert. Die Adresse lautet allerdings grüne-nds.de statt gruene-niedersachsen.de. Und das Foto der vermeintlichen Pressesprecherin findet sich im Netz auf den Profilen einer britischen Reiseautorin.

Die angegebene Handynummer führt nur zu einem Anrufbeantworter. Auf schriftliche Anfrage betonten der oder die Initiatoren allerdings: "Die Kampagne richtet sich nicht gegen die Grünen." Allerdings fehle Niedersachsen ein Sofortprogramm für die Verkehrswende - darum gehe es bei der Aktion. Angesprochen auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen hieß es: "Wenn die Grünen uns vor Gericht bringen wollen, sollen sie das tun." Vor Gericht hätten diese dann aber zu erklären, "warum sie sich daran stören, wenn in ihrem Namen Werbung für eine grüne, ökologisch und sozial verträgliche Verkehrspolitik gemacht wird".

Denn inhaltlich stellt die Kampagne angebliche verkehrspolitische Ziele für Niedersachsen vor: Dazu gehören ein Ausbaustopp für Autobahnen, eine Umstellung der Autoindustrie auf Busse, Bahnen und Lastenräder sowie die Förderung des Nahverkehrs statt der Förderung von E-Ladesäulen für den Individualverkehr. Angelehnt ist das formal in Teilen an ein Forderungspapier für mehr Klimaschutz im Verkehr, das die Grünen-Fraktion im Bundestag im Januar verabschiedete.

Auf der Webseite wird der Fake mittlerweile eingeräumt. In einer Stellungnahme heißt es dort, die beschriebenen Verkehrsziele seien "doch hoffentlich grüne Forderungen" - "falls das nicht so sein sollte, wäre eine Richtigstellung hilfreich, um die Politik der Grünen besser einordnen zu können". Für den 10. Februar schlage man zur Klärung dieser Frage eine Diskussionsrunde im Büro der Grünen Hannover vor.

© dpa-infocom, dpa:230202-99-448600/4

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