Parteien - Erfurt:Thüringer Linke will über Minderheitsregierung entscheiden

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Erfurt (dpa/th) - Die Linke sieht sich nach ihrem Wahlerfolg als Volkspartei mit Regierungsauftrag in Thüringen. Ende Oktober hatte die Partei von Ministerpräsident Bodo Ramelow erstmals in Deutschland mit 31 Prozent der Stimmen eine Landtagswahl gewonnen und die CDU in Thüringen als stärkste Partei abgelöst. "Als stärkste Kraft haben wir jetzt auch die größte Verantwortung", sagte Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow am Samstag auf einem Landesparteitag in Erfurt.

Angesichts der schwierigen Mehrheitsverhältnisse im Landtag sei nur eine Minderheitsregierung möglich. "Ganz so einfach wird es nicht werden", sagte Hennig-Wellsow. Der bisherigen rot-rot-grünen Koalition fehlen vier Stimmen im Landtag. Eine Regierung unter Führung der Linken müsste sich Mehrheiten suchen. Das bedeute auch, dass es immer auch eine Mehrheit gegen die Regierung gebe.

Über die Bildung einer Minderheitsregierung wird der Parteitag, bei dem Ramelow aus persönlichen Gründen nicht dabei ist, voraussichtlich am Sonntag abstimmen. Per Videobotschaft warb Ramelow für dieses Regierungsmodell. "Wir wollen regieren, wir können regieren", erklärte er. "Einfach kann jeder."

Vor der Vorstandswahl, die am frühen Abend geplant war, gab es Debatten um die Doppelfunktion von Hennig-Wellsow als Partei- und Fraktionsvorsitzende. Ihm sei rätselhaft, wie die Partei die Fraktion unter diesen Umständen kontrollieren wolle, sagte ein Delegierter. Eine Delegierte meinte, die Trennung von Amt und Mandat würde nicht ernst genug genommen.

Hennig-Wellsow führt die Thüringer Linken seit 2013, seit 2014 ist sie auch Fraktionsvorsitzende im Landtag. Die 42-Jährige tritt erneut als Parteivorsitzende an. Sie ist eine Verfechterin einer Fortsetzung der rot-rot-grünen Regierungskoalition. Auch in Regierungsverantwortung sieht sie Die Linke "im Widerstand zum kapitalistischen System", wie es in ihrem Bewerbungsschreiben heißt.

Die Landesvorsitzende schlug auf dem Parteitag vor, den Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus einmalig im kommenden Jahr zum bundesweiten Feiertag zu erklären. Am 8. Mai 2020 jähre sich die Befreiung vom Faschismus zum 75. Mal, begründete sie ihren Vorstoß. Der Tag sollte genutzt werden, um zu gedenken und den Befreiern zu danken.

"Wir wollen mit den Alliierten feiern", sagte Hennig-Wellsow - ebenso wie mit den Menschen, die zivilen Widerstand gegen den Nationalsozialismus geleistet hätten. Dafür solle ein freier Tag geschaffen werden.

Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger verlangte von der Bundesregierung, antifaschistischen Organisationen wie der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) die Gemeinnützigkeit zu erhalten. Dafür müsse Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die nötigen Regelungen treffen. Es sei eine Unverschämtheit, dass der VVN die Gemeinnützigkeit entzogen wurde. "Das muss zurückgenommen werden." Die Vereinigung wurde von Überlebenden der NS-Konzentrationslager gegründet, nimmt aber auch jüngere Antifaschisten auf.

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