Parteien:Die AfD will regierungsfähig werden

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Jörg Meuthen (l-r), Tino Chrupalla und Alexander Gauland beim Parteitag in Braunschweig. Foto: Julian Stratenschulte/dpa (Foto: dpa)

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Braunschweig (dpa) - Mit verjüngter Führung, neuer Geschlossenheit und einem im Ton gemäßigten Kurs will die AfD weitere Wählerschichten erobern und rasch regierungsfähig werden.

Der Bundesparteitag in Braunschweig wählte am Samstag den 44-jährigen Tino Chrupalla zum Nachfolger von Alexander Gauland an die Parteispitze und bestätigte Jörg Meuthen (58) als Co-Vorsitzenden.

Der 78-jährige Gauland, der am Sonntag zum ersten Ehrenvorsitzenden der rechtspopulistischen Partei gewählt wurde, hatte Chrupalla selbst als Nachfolger vorgeschlagen. Aus Meuthens Sicht muss die AfD jetzt rasch ihre Professionalität erhöhen. "Wir müssen nun regierungswillig und -fähig werden. Das ist uns aufgetragen."

"Es läuft alles auf uns zu", sagte Meuthen am Sonntag. "Darum müssen wir bereit sein, wir müssen gut sein." Das erfordere harte Arbeit.

Chrupalla ging davon aus, dass die AfD in dem kommenden Jahren zu einer "wirklichen ernstzunehmenden politischen Kraft" wird. "Das größte Wählerpotential sehe ich im bürgerlich-konservativen Lager", hatte er schon am Samstag in seiner Vorstellungsrede gesagt. Und: "Die bürgerliche Mitte erreichen wir nur mit Vernunft." Nur mit überzeugenden Inhalten werden wir neue Wählerschichten erschließen." Dazu brauche es keine drastische Sprache. Diese bewirke oft das Gegenteil. Fraktionschefin Alice Weidel, die zur Vizevorsitzenden gewählt wurde, mahnte: "Uneinigkeit, Personalstreitereien - all das können wir uns gar nicht leisten."

Der Bundestagsabgeordnete Chrupalla setzte sich in einer Stichwahl gegen seinen Fraktionskollegen Gottfried Curio mit 54,51 Prozent durch. Im ersten Wahlgang war zuvor Niedersachsens Landesvorsitzende Dana Guth gescheitert. Meuthen wurde gleich im ersten Anlauf mit 69,18 Prozent gegen die rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst und Wolfgang Gedeon aus Baden-Württemberg erfolgreich.

Zu stellvertretenden Parteivorsitzenden wurden Alice Weidel (76,47 Prozent), der frühere Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses Stephan Brandner (61,90) und Beatrix von Storch (50,98) gewählt.

Gauland forderte, die AfD müsse ihren Kurs als "Partei des Volkes und der kleinen Leute" konsequent fortsetzen. "Wenn Grüne, Rote und Dunkelrote zusammengehen, wird der Tag kommen, an dem die geschwächte CDU nur noch eine Option hat: uns", sagte er. "Das heißt, dass wir unseren Weg weitergehen, ohne Anpassung oder gar Anpasserei."

Brandenburgs AfD-Vorsitzender Andreas Kalbitz, der wieder in den Bundesvorstand gewählt wurde, betonte, die Partei müsse vor allem in Westdeutschland stärker werden. "Wir wollen dieselbe Nachricht im Westen setzen, die im Osten schon angekommen ist: Die AfD ist gekommen, um zu bleiben."

Der von zeitweise mehr als 2000 Polizisten aus mehreren Bundesländern geschützte Parteitag mit knapp 600 Delegierten wurde von lautstarken Protesten begleitet. Nach Angaben der Polizei nahmen an insgesamt 15 Veranstaltungen deutlich mehr als 20.000 Demonstranten teil. Es habe keine Festnahmen gegeben. Die Proteste seien weitgehend friedlich geblieben. Die Polizei hatte die Volkswagen Halle, in der die AfD tagte, weiträumig abgesperrt. Auch Wasserwerfer standen bereit. Der Schriftzug "Volkswagen" an der Halle war auf Betreiben des Autokonzerns abgedeckt worden.

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