Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Die hessischen Grünen haben sich auf ihrem Landesparteitag in Frankfurt mit ihrer neuen Rolle in der Opposition befasst und ein neues Vorstandsduo gewählt. „Wir sind in dieser Rolle angekommen, wir nehmen sie an als Opposition: kritisch, konstruktiv und munter“, sagte Fraktionschef Mathias Wagner am Samstag.
Bei den Wahlen um die beiden Ämter im Landesvorstand gewannen Kathrin Anders und Andreas Ewald. Die Landtagsabgeordnete und Sprecherin für Gesundheit und Pflege setzte sich im ersten Wahlgang mit 360 von 603 gültigen Stimmen (59,7 Prozent) gegen Patricia Peveling durch. Der 35-jährige Andreas Ewald, Fraktionschef der Grünen in Darmstadt, erhielt im dritten Wahlgang 338 von 609 gültigen Stimmen (55,5 Prozent). Insgesamt hatte es sieben Bewerbungen um die beiden Spitzenposten im Landesparteistand gegeben. Die vorherigen Landesvorsitzenden Sigrid Erfurth und Sebastian Schaub traten nicht mehr zur Wiederwahl an.
Kritik am alten Koalitionspartner
Nach dem Ausscheiden der Grünen aus der Landesregierung mit der CDU vor anderthalb Wochen kritisierte der Fraktionsvorsitzende Wagner die neue Koalition von Union und SPD: „Sie haben diese Koalition "Eine für alle" genannt – richtiger wäre gewesen: Alle für einen, alle für Boris (Rhein), alle für die CDU.“ Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) war kürzlich im Wiesbadener Landtag im Amt bestätigt worden.
Kritik übte Wagner unter anderem an der Debatte der neuen schwarz-roten Landesregierung über das Thema Gendern. „Sie haben jetzt gesagt: Sie als neue Koalition wollen vorschreiben, wie künftig an unseren Hochschulen und im öffentlichen Rundfunk gesprochen werden darf.“ Zudem habe die neue Koalition einen Bürokratieabbau angekündigt, dann aber zwei neue Ministerien und vier neue Posten für Staatssekretäre geschaffen.
Politik gegen rechts im Fokus
In zahlreichen Reden ging es um den Kampf gegen Rechtsextremismus und die aktuellen Demos dagegen in ganz Deutschland. Ausgelöst worden waren die Proteste durch Berichte des Medienhauses Correctiv über ein bis dahin unbekanntes Treffen radikaler Rechter, an dem AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen hatten. Darin war es auch um das Thema „Remigration“ gegangen. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.
„Wir haben Anfang dieses Jahres einen Bericht bekommen, der uns wachgerüttelt hat“, sagte der scheidende Grünen-Landeschef Sebastian Schaub. Die AfD bezeichnete er als inzwischen „faschistische Programmpartei“.
Meron Mendel, Vorsitzender der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt, hielt eine Gastrede zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am Samstag. Dabei kündigte er auch an, einen Antrag auf Parteimitgliedschaft bei den Grünen stellen zu wollen.
In einer Dankesrede verabschiedete deren Bundesvorsitzender Omid Nouripour die ehemaligen grünen Minister und Landtagsabgeordneten in Hessen. Zum Landesparteitag in Frankfurt waren trotz Streiks bei der Bahn rund 700 Mitglieder gekommen. Aus verschiedenen Teilen Hessens hatte die Partei Busse organisiert, um die Anreise zu ermöglichen.
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