Parlamentswahlen:Slowakei steht vor Machtwechsel

In der Slowakei zeichnet sich nach den Parlamentswahlen ein Wechsel der Regierung ab - an deren Spitze erstmals eine Frau stehen könnte. Die Rechtsextremen wurden abgestraft.

Klaus Brill

In der Slowakei bahnt sich nach der Parlamentswahl vom Samstag ein Machtwechsel an. Nach Auszählung von 99,9 Prozent der Stimmen ist die sozialdemokratische Partei Smer des bisherigen Ministerpräsidenten Robert Fico zwar nach wie vor mit 34,8 Prozent der Stimmen die stärkste Kraft. Sie verfehlte aber mit ihren bisherigen Partnern klar die Mehrheit.

Iveta Radicova

Könnte neue Ministerpräsidentin der Slowakei werden: Die Christdemokratin Iveta Radicova feiert mit ihren Anhängern den Wahlerfolg.

(Foto: ap)

Hingegen kommt ein Bündnis von vier konservativen und liberalen Parteien auf 44,1 Prozent der Stimmen und 79 der 150 Sitze im Nationalrat. Dies würde für die Bildung einer neuen Regierung ausreichen. Neue Ministerpräsidentin der Slowakei könnte demnach die Christdemokratin Iveta Radicova werden, eine 53-jährige Soziologie-Professorin und frühere Sozialministerin.

Die von Iveta Radicova in die Wahl geführte Slowakische Christdemokratische Union (SDKU) kam den Ergebnissen zufolge mit einem Stimmenanteil von 15,4 Prozent auf den zweiten Platz. Ihr folgt mit 12,2 Prozent eine neue Gruppierung, die neoliberale Partei Sloboda a Solidarita (Freiheit und Solidarität) des Ökonomen Richard Sulik. Sie will ebenso wie eine zweite christdemokratische Partei, die Bewegung KDH (8,5 Prozent), mit der SDKU zusammenarbeiten. Als vierter Partner kommt die ebenfalls zum ersten Mal im Parlament vertretene Gruppierung Most-Hid (Brücke - 8,1 Prozent) in Frage, die vor allem die Wähler der ungarischen Minderheit anspricht, aber mit ihrem Programm einer Zusammenarbeit zwischen den Volksgruppen offenkundig auch viele Slowaken hinter sich bringen konnte.

Hingegen fiel die mit Most-Hid rivalisierende Ungarn-Partei SMK, die in den jüngsten Auseinandersetzungen um eine doppelte Staatsbürgerschaft gegenüber den Slowaken einen Kurs der Konfrontation verfolgt hatte, überraschend von 11,7 auf 4,3 Prozent zurück und ist künftig nicht mehr im Parlament vertreten.

Das gleiche Schicksal ereilte die Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) des früheren Ministerpräsidenten und Staatsgründers Vladimir Meciar, die mit 4,3 Prozent ebenfalls an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. Die HZDS war ebenso wie die rechtsextreme Slowakische Nationale Partei (SNS) des Skandal-Politikers Jan Slota in den vergangenen vier Jahren mit den Sozialdemokraten in einer Regierungskoalition vereint. Statt 11,7 Prozent wie bei der Wahl 2006 bekam die SNS, die mit rassistischen Parolen gegen Roma und durch schwere Korruptionsskandale aufgefallen war, nur noch 5,1 Prozent. Zusammen mit den Sozialdemokraten käme sie auf 71 der 150 Sitze. Die bisherige Koalition ist damit klar gescheitert.

Die jetzt zu erwartende Bildung einer neuen Mitte-Rechts-Koalition dürfte jedoch auf einige Schwierigkeiten stoßen. Zwischen den vier Partnern besteht zwar grundsätzlich Einigkeit über eine Reihe ökonomischer Reformen, doch unterscheiden sie sich in Einzelfragen durchaus voneinander.

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