Parlamentswahlen in Georgien:Opposition feiert ihren Sieg

Geht die Ära Saakaschwili zu Ende? Bei der Parlamentswahl in Georgien feiert die Opposition um den Milliardär Iwanischwili bereits den Sieg über den langjährigen Präsidenten. Dabei ist der Erfolg noch nicht sicher - es zeichnet sich ein enges Ergebnis ab.

Frank Nienhuysen, Tiflis

Bei der Parlamentswahl in Georgien hat sich am Montagabend ein enges Ergebnis abgezeichnet. Zwar sahen auch die staatlichen Regierungssender in den Nachwahlbefragungen die Oppositionspartei "Georgischer Traum" von Milliardär Bidsina Iwanischwili in Führung. Allerdings war zunächst unklar, wie aussagekräftig diese Prognosen waren.

Parliamentary elections in Georgia

Anhänger der oppositionellen Partei "Georgischer Traum" feiern ihren angeblichen Sieg. Offizielle Ergebnisse sind bisher nicht bekannt.

(Foto: dpa)

Fast die Hälfte aller Mandate werden in Georgien an Direktkandidaten vergeben, wo das Regierungslager vor allem in den Regionen als stark galt. Präsident Michail Saakaschwili räumte lediglich eine Teilniederlage in der Hauptstadt Tiflis ein. Oppositionsführer Iwanischwili ließ sich dagegen bereits vor seiner Parteizentrale in Tiflis als Sieger feiern und sagte, "wir bringen Gerechtigkeit in unser Land zurück". Zugleich versprach er, Georgien in die Europäische Union und die Nato zu führen. Erste aussagekräftige Ergebnisse der zentralen Wahlkommission wurden erst für Dienstagfrüh erwartet.

Der Wahlkampf in Georgien fand in einer äußerst angespannten Atmosphäre statt. Die Wahl gilt als richtungsweisend, weil das Regierungslager vom langjährigen Präsidenten Saakaschwili beherrscht wird, während sein Herausforderer Iwanischwili erst kürzlich in die Politik ging. Er bezeichnete die Regierung als "kriminelles Regime" und kündigte einen Machtwechsel an. Die Regierungspartei Vereinte Nationale Bewegung verfügt im bisherigen Parlament über 119 von 150 Sitzen. Vor allem der Folterskandal in einem georgischen Gefängnis hatte die Regierung jedoch in große Bedrängnis gebracht. Viele Georgier warfen Saakaschwili einen zunehmend autoritären Führungsstil vor.

Die Opposition berichtete am Nachmittag von mehr als 50 Wahlrechtsverletzungen. So seien Siegel an den Wahlurnen aufgebrochen, einige hätten zudem mehrere Stimmen abgegeben. Die Regierungspartei Vereinte Nationale Bewegung warf wiederum der Opposition vor, einige Parteimitglieder physisch angegriffen zu haben. Eine unabhängige Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. Beide Seiten hatten ihre Anhänger zu einem friedlichen Verlauf am Wahltag aufgerufen. Die Wahl wurde von mehr als 1400 internationalen Beobachtern sowie von mehr als 60 000 lokalen Beobachtern begleitet.

Nach seiner Stimmabgabe sagte Saakaschwili, es gehe bei der Abstimmung "auch über den europäischen Traum" und die "Idee der Demokratie". Die Regierung sieht in Oppositionschef Iwanischwili einen Handlanger des Kremls, weil dieser sein Vermögen einst in Russland begründet hatte. Er selber bestreitet dies jedoch; alle Unternehmensanteile in Russland hat er abgegeben. Saakaschwili hatte im Herbst 2003 den damaligen Staatschef Eduard Schewardnadse in der Rosenrevolution gestürzt und einen demokratischen, prowestlichen Kurs eingeleitet. In den vergangenen Jahren mehrte sich allerdings die Kritik an Saakaschwilis Führungsstil. Zudem ist die Armut in dem Kaukasus-Staat nach wie vor groß.

Der Unternehmer Iwanischwili hat erst vor knapp einem Jahr seinen Weg in die Politik angekündigt und dafür die Parteienkoalition Georgischer Traum gegründet. Viele Georgier versprechen sich von ihm mehr Wohlstand, nachdem er in Georgien unter anderem Hunderte Schulen und Kirchen sowie Theater, Oper und das Nationalmuseum renovieren ließ. Er will bei einem Wahlsieg Ministerpräsident werden, kündigte jedoch an, sich nach nur zwei, drei Jahren aus der Politik wieder zurückziehen zu wollen. Die Präsidentenwahl findet im nächsten Jahr statt; allerdings werden aufgrund einer Verfassungsänderung danach die größten Machtbefugnisse beim Ministerpräsidenten liegen.

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