Irans Präsident vor dem Parlament:Ahmadinedschad spottet über "sehr einfache Fragen"

Noch nie zuvor hat ein iranisches Parlament einen Staatschef vorgeladen. Jetzt haben Abgeordnete Präsident Ahmadinedschad vernommen. Die Vorwürfe: Er wirtschafte schlecht und missachte den Geistlichen Führer Chomeini. Ahmadinedschad wies die Kritik von sich - und verhöhnte danach die Fragen.

Rudolph Chimelli

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad, der am Mittwoch vom Parlament vorgeladen war, hat sich mit ironischen Formulierungen gegen Vorwürfe verteidigt, dass er Misswirtschaft betreibe und den Willen des Geistlichen Führers Ali Chamenei missachte.

Irans Präsident vor dem Parlament: Erster Staatschef mit Vorladung: Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad stellt sich im Teheraner Parlament den Fragen der Abgeordneten.

Erster Staatschef mit Vorladung: Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad stellt sich im Teheraner Parlament den Fragen der Abgeordneten.

(Foto: AFP)

"Das waren sehr einfache Fragen", spottete der Präsident am Ende seiner einstündigen Ausführungen, die vom Rundfunk übertragen wurden. "Ich hätte bessere gewusst." In Anspielung darauf, dass iranische Abgeordnete neuerdings ein Diplom haben müssen, sagte Ahmadinedschad, die Fragen seien offenbar von Leuten entworfen worden, die ihr Zeugnis per Knopfdruck erworben hätten.

Es war das erste Mal seit Bestehen der Republik, dass ein Staatschef vom Parlament vorgeladen wurde. Ahmadinedschad befindet sich seit Jahren in einem Dauerstreit mit der Madschlis, in der die konservativen Anhänger Chameneis eine starke Mehrheit haben. In der jüngsten Parlamentswahl haben die Konservativen noch dazugewonnen. Ahmadinedschad wird den Rest seiner Amtszeit bis zur Wahl des nächsten Präsidenten im Frühsommer kommenden Jahres in geschwächter Position verbringen. Ein Teil seiner Gegner im Parlament erwägt ein Verfahren zur Amtsenthebung. Ob Ayatollah Chamenei, der die Austragung von Gegensätzen in der Öffentlichkeit nicht gern sieht, dies zulassen würde, ist äußerst ungewiss.

Ahmadinedschad war in Begleitung von acht Ministern erschienen. Unter anderem hatte man ihm vorgeworfen, er sei im vergangenen Jahr elf Tage lang den Kabinettssitzungen ferngeblieben und habe dadurch die von Chamenei befohlene Wiedereinsetzung von Geheimdienstminister Heidar Moslehi verschleppt, den er entlassen hatte. "Das ist so eine Geschichte", erklärte der Präsident, "Ahmadinedschad ist zu Hause geblieben und hat sich ausgeruht." Genau das hätten ihm Freunde immer empfohlen. "Die Arbeit dieser Regierung wurde dadurch keinen einzigen Tag unterbrochen."

"Es war kein Geld mehr da"

Das Wirtschaftswachstum sei kräftig, behauptete Ahmadinedschad. Die Preissteigerungen, über die alle Iraner klagen, hätten nichts mit seiner Entscheidung aus dem vorletzten Jahr zu tun, die Subventionen für Grundnahrungsmittel sowie Energie zu streichen und sie durch direkte Hilfszahlungen an die Staatsbürger zu ersetzen. Den Verfall der Währung führte der Präsident auf "Spiele am Devisen- und Goldmarkt" zurück, deren Hintergründe er bei anderer Gelegenheit erläutern werde.

"Es war kein Geld mehr da", sagte der Präsident zu Vorhaltungen, er habe genehmigte Mittel zum Ausbau der Teheraner Untergrundbahn zurückgehalten. Niemals seien die Vorwürfe gegen ihn aus der Madschlis bewiesen worden. Er hätte all diese Fragen vor dem Parlament früher beantworten können, doch habe er den Verdacht vermeiden wollen, dass er die jüngste Wahl beeinflussen wolle.

Nur indirekt ging Ahmadinedschad auf Fragen ein, die sich mit dem Verhältnis zu seinem Protegé Esfandiar Rahim Maschaei befassten. Ihn verdammen die Konservativen als Inspirator einer ketzerischen Tendenz der "Abweichung", die nach einem iranischen Islam strebe und das System schwäche. Der Präsident beschränkte sich darauf zu sagen, er bekenne sich zur Geschichte und bereue das nicht.

Ferner trat er für die Lockerung der strikten islamischen Regeln für den Alltag ein: "Man soll die Menschen achten, statt junge Männer und Frauen ins Laster zu drängen." Konservative Abgeordnete warfen dem Präsidenten vor, seine Sprache sei beleidigend gewesen, und er habe das Haus missachtet.

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