Süddeutsche Zeitung

Nahe Paris:Macron: Angriff auf Lehrer war "eindeutig islamistisches Terrorattentat"

Der Lehrer, der mit einem Messer getötet wurde, hatte in seinem Unterricht Mohammed-Karikaturen gezeigt. Die Polizei erschoss den mutmaßlichen Angreifer. Neun Menschen wurden festgenommen.

Von Leo Klimm, Paris

In einem Vorort von Paris ist bei einem mutmaßlich terroristischen Attentat am Freitagabend ein Mann mit einem Messer getötet worden. Der Angreifer wurde kurz danach von einem Einsatzkommando der Polizei getötet. Das Opfer soll ein Geschichtslehrer sein, seine Leiche wurde in der Nähe des Gymnasiums der Stadt Conflans-Sainte-Honorine aufgefunden. Ihm wurde offenbar die Kehle durchgeschnitten.

Der mutmaßliche Täter sei mit einem Küchenmesser bewaffnet gewesen, berichten französische Medien unter Berufung auf Polizeiquellen. Als er von der Polizei gestellt wurde, habe er sich geweigert, das Messer niederzulegen und habe die Beamten bedroht. Daraufhin habe das Kommando das Feuer eröffnet. Der mutmaßliche Täter sei seinen Verletzungen erlegen. Bei dem mann soll es sich Berichten zufolge um einen 18-jährigen Tschetschenen handeln, der in Moskau geboren wurde.

Vier Angehörige des Angreifers, darunter ein Minderjähriger, seien unmittelbar nach der Attacke am Freitagabend in Gewahrsam genommen worden, hieß es am Samstag. Fünf weitere mutmaßliche Komplizen seien in der Nacht festgesetzt worden, unter ihnen Eltern von Schülern am College du Bois d'Aulne, wo der getötete 47 Jahre alte Geschichtslehrer arbeitete. Damit sind derzeit neun Menschen in Polizeigewahrsam.

Präsident Emmanuel Macron begab sich am Freitagabend an den Tatort und zeigte sich tief bewegt. An den Motiven des Angreifers gebe es keinen Zweifel, sagte der Staatschef in einer kurzen Ansprache. Der Lehrer sei "eindeutig einem islamistischen Terrorattentat" zum Opfer gefallen, weil er seinen Schülern ein Grundprinzip der französischen Demokratie habe beibringen wollen: "die Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben", sagte Macron. Islamisten wollten die Republik zu Fall bringen. "Sie werden das nicht schaffen. Sie werden uns nicht spalten", sagte er. Frankreichs Lehrern sicherte der Staatschef die Solidarität des ganzes Landes zu.

"Die Ermordung eines Geschichtslehrers ist ein Angriff auf die Meinungsfreiheit und die Werte der Republik. Einen Lehrer anzugreifen bedeutet, alle französischen Bürger und die Freiheit anzugreifen", schrieb der Präsident der Nationalversammlung, Richard Ferrand, auf Twitter.

Die Pariser Antiterror-Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen sofort an sich gezogen. Zeugen berichten, dass der mutmaßliche Attentäter "Allah Akbar" gerufen habe. Das Opfer soll, so berichten mehrere Medien unter Berufung auf Ermittlerkreise, kürzlich in einer Unterrichtsstunde zum Thema Meinungsfreiheit die berühmten Mohammed-Karikaturen aus der Satirezeitschrift Charlie Hebdo gezeigt haben.

Die Redaktion der Zeitschrift war im Januar 2015 Opfer eines islamistischen Angriffs geworden, bei dem zwölf Menschen starben. Zurzeit läuft in Paris der Prozess gegen mögliche Unterstützer der damaligen Attentäter. Zum Prozessauftakt im vergangenen Monat hatte Charlie Hebdo die Mohammed-Karikaturen erneut veröffentlicht. Am Ort des Attentats von 2015 hat erst vor genau drei Wochen ein aus Pakistan stammender Mann zwei Personen angegriffen und mit einem Messer schwer verletzt. Sein Motiv soll gewesen sein, dass ihn die Wiederveröffentlichung der Karikaturen gestört habe.

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