Paradise Papers:Niederlande überprüfen Steuer-Deals

Die Regierung in Den Haag reagiert auf die Paradise Papers: Alle Absprachen zwischen internationalen Konzernen und den Finanzbehörden sollen jetzt untersucht werden.

Von Thomas Kirchner, Alexander Mühlauer und Bastian Obermayer, Brüssel

Nach den Enthüllungen der Paradise Papers will die niederländische Regierung umstrittene Steuer-Deals überprüfen. Etwa 4000 Vereinbarungen zwischen den Finanzämtern und international tätigen Konzernen würden untersucht, teilte das Finanzministerium am Mittwoch in Den Haag mit. In einem Brief an das Parlament bekräftigte der zuständige Staatssekretär, dass die Regierung das Thema Steuervermeidung angehen werde. Die Niederlande waren aufgrund ihrer Steuerregeln für Unternehmen wie den Sportartikelhersteller Nike in die Kritik geraten.

In dem vierseitigen Schreiben mit dem Betreff "Paradise Papers" kündigte das Finanzministerium an, bald zwei EU-Richtlinien zur Steuervermeidung umzusetzen. Eine davon soll jener "CV/BV"-Struktur ein Ende setzen, die es Nike ermöglichte, seine Steuerlast erheblich zu drücken. Das entsprechende Gesetz soll 2018 eingereicht werden und 2020 in Kraft treten. Geplant ist auch ein Gesetz zur strengeren Regulierung von Trust Funds.

In niederländischen Regierungskreisen hieß es, die bisherige Praxis sei nicht illegal gewesen. Außerdem machten andere EU-Staaten Ähnliches, und man müsse deshalb gemeinsam in Europa handeln. Dieses Bekenntnis ist allerdings zweifelhaft, denn ungeachtet anderer Enthüllungen wie Lux-Leaks oder den Panama Papers blockieren EU-Staaten wie Irland, Luxemburg und die Niederlande weiter Gesetzesvorschläge der EU-Kommission zur Bekämpfung von Steuervermeidung.

Angesichts der jüngsten Medienberichte gebe es in der neuen niederländischen Regierung nun ein gewisses "Gefühl der Dringlichkeit", verlautete aus Den Haag. Bereits 2016 hatte das Finanzministerium eine Überprüfung der Steuerabsprachen durch eine Kommission veranlasst, allerdings nur stichprobenartig. Die neue Untersuchung läuft zusätzlich, im Lichte der Erkenntnisse durch die Paradise Papers.

Konkret geht es um eine Steuerabsprache mit dem US-Konzern Procter & Gamble, bei der möglicherweise gegen bestehende Regeln verstoßen wurde. Procter & Gamble hatte Teile des Konzerns neu strukturiert und beim Verkauf von Firmenanteilen einen hohen Millionenbetrag erlöst. Daraufhin beantragte der Konzern auf diesen Betrag, 676 Millionen Dollar, Steuerfreiheit zu erhalten - und offenbar genehmigte ein Steuerinspektor in Rotterdam den Deal an der zuständigen Regierungsstelle vorbei.

Auch im Fall von Nike war eine Steuerabsprache mit den Behörden mitentscheidend für die Vermeidung von Milliarden an Steuern. Das Unternehmen nutzt die Niederlande als Europazentrale, zieht dort Gewinne zusammen und kann sie weitgehend unbesteuert belassen.

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