In Rom ist die Suche nach einem neuen Papst schon in vollem Gange. Natürlich obliegt es einzig dem Konklave, der Versammlung der Kardinäle unter 80, den Nachfolger von Papst Franziskus zu bestimmen. Am 7. Mai soll das Konklave offiziell starten, das hat der Heilige Stuhl am Montag bekannt gegeben. Doch längst hat das sogenannte Vorkonklave begonnen. So wird die Vielzahl an Treffen der Kardinäle vor dem Beginn der eigentlichen Papstwahl genannt, und sie sind mindestens so entscheidend wie die Wahl selbst.
An diesem Montag haben sich die Kardinäle bereits zum fünften Mal seit dem Tod von Franziskus am Ostermontag getroffen. Auch wenn noch die neuntägige Trauerzeit gilt, das „Novendiale“, während derer an jedem Tag eine Messe für Papst Franziskus gehalten wird, versammeln sich die Kardinäle regelmäßig. Dabei geht es um Organisatorisches, aber auch um die Anforderungen an einen neuen Papst und die Zukunft der Kirche.
135 Purpurträger sind wahlberechtigt – einer hat sich schon krankgemeldet
Hinzu kommen zahlreiche informelle Treffen, es ist auch die Zeit für Machtpoker und Ränkespiele. Wer setzt sich durch: eine Art Franziskus II., also ein progressiver Reformer? Versuchen die Kardinäle, mit einem erklärten Konservativen den Kurs zu drehen? Oder wird es ein gemäßigter Kandidat der Mitte?
Sehr viele Kardinäle müssen sich überhaupt erst einmal kennenlernen. Franziskus hat insgesamt 149 neue Purpurträger kreiert, 108 davon sind papstwahlberechtigt, und viele davon kommen aus entlegenen Teilen der Welt, aus Myanmar, Hongkong, Pakistan, Osttimor, Tonga oder Haiti. Anders als die Europäer oder die Amerikaner sind sie kaum miteinander vernetzt. Insgesamt umfasst das Konklave 135 papstwahlberechtigte Kardinäle, einer hat sich allerdings bereits krankgemeldet. Fast alle „Elettori“, so melden italienische Medien, sind bereits in Rom eingetroffen.

Einer davon ist der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx. Er wurde am Montag gemeinsam mit dem philippinischen Kardinal Antonio Tagle und dem französischen Kardinal Dominique Mamberti ausgelost, den Päpstlichen Kämmerer Kevin Farrell bei den Vorbereitungen für das Konklave zu unterstützen. In großer Hektik sei er nach der Todesnachricht aufgebrochen, erzählte er nach dem Requiem vor Journalisten in Rom. Für den Gottesdienst im Liebfrauendom am Sonntag war er kurzzeitig nach München zurückgekehrt.
Als er am Samstag kurz nach der Trauerfeier über Papst Franziskus spricht, bricht ihm kurz die Stimme: „Ich werde ihn vermissen“, sagte Marx. „Ich habe in diesen Tagen das Gespür gehabt, die Menschen sehnen sich nach einer Stimme, die über Polarisierung hinausgeht. Eine Stimme, die die ganze Menschheitsfamilie in den Blick nimmt und den ganzen Planeten. Wir hoffen, dass wir wieder jemanden finden, der das kann.“
Drei Deutsche dürfen mitwählen, einer davon gehört zum konservativen Lager
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Limburgs Bischof Georg Bätzing, verwies auf die Ansprache von Kardinaldekan Giovanni Battista Re beim Requiem für Franziskus: „Ich hoffe, die Herren Kardinäle haben gespürt, wo die Menschen geklatscht haben“, sagte er. Vier Punkte seien es gewesen: „Erstens: Die Kirche ist für alle offen. Es geht darum, dass Menschen sich eingeladen fühlen, in dieser Kirche einen Weg mit Jesus zu gehen.“ Das zweite Thema sei die Migration und das Schicksal der Ärmsten der Armen gewesen: „Das war ein Wort von Franziskus auch in das Ohr von anwesenden Politikern.“ Außerdem habe Kardinal Re den Wunsch der Menschen nach Frieden angesprochen und die Umweltzerstörung, „den Schrei der Schöpfung“.
Neben Marx und dem Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki darf nur noch ein weiterer Deutscher den Papst mitwählen, der ehemalige Regensburger Bischof Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Sein Urteil über Franziskus fällt kühl aus. Müller gehört zum Lager der konservativen Bewahrer der katholischen Lehre, als Präfekt der Glaubensbehörde war er von Franziskus abserviert worden. „Es ist ein Kapitel in der Geschichte der Kirche abgeschlossen“, hatte er noch vor der Beisetzung von Papst Franziskus der italienischen Zeitung La Repubblica gesagt. Franziskus habe zwar in sozialen Dimensionen besondere Fähigkeiten gehabt. Theologisch aber sei Franziskus „etwas zweideutig“ gewesen. „Unter Papst Benedikt hatten wir vollkommene theologische Klarheit.“
Kritisch sieht Müller neben Segnungsfeiern für Homosexuelle, dass Franziskus Laien und Frauen in Leitungspositionen in der Kurie berufen habe. „Alle müssen sich daran erinnern, dass wir der mystische Leib Christi sind und nicht eine internationale humanitäre und soziale Organisation“, sagte Müller.
Auch praktisch ist jetzt noch viel zu tun im Vatikan: Die Sixtinische Kapelle ist für Touristen seit diesem Montag geschlossen, sie wird nun für die Wahlversammlung vorbereitet. Der berühmte Ofen für die Rauch-Kartuschen wird eingebaut, der Schornstein angebracht und die Kapelle mit Mobilfunk-Störsendern versehen. Auch das Gästehaus Santa Marta, wo die Kardinäle wohnen, wird entsprechend vorbereitet. Sobald das Konklave beginnt, werden in den Schlafzimmern die Fenster verdunkelt.