„Komplexes Krankheitsbild“:Papst ist ernsthaft erkrankt

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Seit seiner Jugend ist die Lunge seine physische Schwachstelle: Kerze mit dem Foto von Papst Franziskus vor dem Gemelli-Krankenhaus in Rom. (Foto: Andrew Medichini/dpa)

Was erst wie die übliche Winter-Bronchitis des Kirchenoberhaupts aussah, wächst sich zu einer ernsten Bedrohung seiner Gesundheit aus. Der 88-jährige Franziskus muss länger als zunächst geplant im Krankenhaus bleiben. Alle Termine für diese Woche wurden abgesagt.

Von Marc Beise, Rom

Eine „polymikrobielle Infektion der Atemwege“, das ist der medizinische Fachbegriff, der am Montagnachmittag im Vatikan für Aufregung sorgte. Diese Diagnose hatten die Ärzte des Gemelli-Krankenhauses gestellt. Franziskus liegt dort seit Freitag im zehnten Stock in einem eigens für ihn vorbereiteten Bereich, wo er zunächst wegen einer Bronchitis behandelt wurde. Unter einer polymikrobiellen Infektion der Atemwege versteht man den Eintritt verschiedene Krankheitserreger in Nase, Rachen oder Lunge, die schwer zu behandeln sind. Das können neben Bakterien auch Viren, Pilze und Parasiten sein. Der Begriff ist recht allgemein, wie ernst die Lage ist, kommt auf den Einzelfall an.

Namentlich Franziskus hat erschwerte Bedingungen. Das geistliche Oberhaupt von 1,4 Milliarden Menschen ist mit seinen 88 Jahren in einem kritischen Alter, der zweitälteste Pontifex in der Geschichte der katholischen Kirche. Seit einigen Jahren wird er, der sich nie schont oder von seinem enormen Tagespensum genug erholt, immer im nasskalten Winter krank. Schon seit Dezember 2024 kämpft Franziskus jetzt wieder mit seinen Bronchien, zuletzt wurden viele Termine in sein Wohnhaus Santa Marta im Vatikan verlegt. Er befindet sich bereits zum vierten Mal im Krankenhaus.

Die bisherige Behandlung muss umgestellt werden, sagen die Ärzte

Insofern sah es nach dem üblichen Prozedere aus, als Franziskus am Freitag erneut eingeliefert wurde, weil sich die Beschwerden der vergangenen Tage und Wochen verschlimmert hatten. Zuletzt konnte er erkennbar nur noch schwer atmen und kaum reden, seine Ansprachen musste er verlesen lassen. Trotzdem hatte er am Freitagmorgen sein Programm durchgezogen, Gäste in Privataudienz empfangen und sich erst mittags in die Klinik fahren lassen. Alles nicht so schlimm, so sollte man die Informationen des Pressebüros im Vatikan verstehen, das meist tiefstapelt, zu Wochenbeginn werde der Papst womöglich schon wieder arbeiten.

Nach den ersten Nächten im Krankenhaus hieß es, Franziskus sei guter Dinge, schlafe gut und lese schon wieder Zeitung. Er müsse sich aber absolut schonen. Am Sonntag meldete er sich dann selbst zu Wort und dankte im Kurznachrichtendienst „X“ den Menschen für ihre Anteilnahme.

Dass er gesundheitlich angeschlagen ist, war seit einiger Zeit nicht zu übersehen: Franziskus in der zweiten Februarwoche bei einer Messe. (Foto: Alessandra Tarantino/dpa)

Am Montagmittag dann verschärfte sich der Ton, als die Ärzte von besagter „polymikrobieller Infektion der Atemwege“ sprachen, die sie entdeckt hätten, weshalb die Behandlung habe umgestellt werden müssen. Wörtlich hieß es: „Alle bisher durchgeführten Untersuchungen deuten auf ein komplexes Krankheitsbild hin, das einen entsprechenden Krankenhausaufenthalt erfordert.“ Kurz darauf wurden alle Termine für diese Woche abgesagt. Seither beschäftigt das Thema Gläubige und Medien in aller Welt, vor dem Krankenhaus warten viele Journalisten. Am Abend teilte der Vatikan in einem spontanen Bulletin mit, der Heilige Vater sei fieberfrei, sein klinischer Zustand stabil.

Die Lunge ist eine bekannte Schwachstelle von Franziskus. Als junger Mann wurde ihm in seiner Heimat Argentinien nach einer lebensbedrohlichen Krankheit der Teil eines Lungenflügels entfernt. Er selbst hat soeben in seiner Autobiografie „Hoffe“ berichtet, dass seine Lunge auch Thema war 2013 während des Konklaves, bei dem er dann zum Papst gewählt wurde. Erst als andere Kardinäle sich nach seiner Gesundheit erkundigt hätten, sei ihm klar geworden, dass er zum Kandidaten für die Nachfolge des zurückgetretenen Papstes Benedikt XVI. aufgestiegen war. Er selbst versicherte damals nach eigenen Worten, er sei gesund und leistungsfähig. Das galt auch für die ersten Jahre im Amt, mittlerweile ist Franziskus jedoch schwer angeschlagen, wegen massiver Knieprobleme sitzt er meist im Rollstuhl, Cortison-Behandlungen haben seinen Körper aufgeschwemmt.

Die Gemelli-Klinik im Nordwesten Roms hat rund 1800 Betten, mehr hat kein Krankenhaus in der italienischen Hauptstadt. Für den Papst und seine Begleitung sind stets einige Zimmer reserviert. (Foto: Andrew Medichini/dpa)

Mit der Verschärfung der Lage gewinnt auch die Debatte um seine Nachfolge an Kraft. Franziskus hat sich unterschiedlich dazu geäußert. Seine Tagesform schwankt. Mal wirkt er müde und deprimiert, mal kraftvoll und angriffslustig. Seine Willenskraft, mit der er seinen Körper zu bestimmen versucht, ist bekannt. Allgemein wird erwartet, dass er mindestens das von ihm am 24. Dezember 2024 eröffnete Heilige Jahr im Amt zu Ende bringen will. In dessen Verlauf kommen Millionen Pilger nach Rom und viele Veranstaltungen mit dem Papst sind geplant.

Franziskus hat aber auch deutlich gemacht, dass er wie sein Vorgänger zurücktreten könne, wenn es seine Gesundheit fordere, er habe Vorkehrungen getroffen. Wiederholt äußerte er sich zuletzt über die Modalitäten seiner Beerdigungsfeier, die schlicht ausfallen soll. Auch will er nicht wie viele seiner Vorgänger im Petersdom die letzte Ruhe finden, sondern in der Basilika Santa Maria Maggiore.

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