Papst Benedikt XVI. und der Vatikan:Das Kreuz mit der Kommunikation

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Der Theologe Hans Küng warnte davor, in der Diskussion über die Pius-Bruderschaft nur auf die Holocaust-Leugnung durch Williamson zu verweisen. "In der ganzen Bruderschaft ist die Judenfeindlichkeit derzeit noch verbreitet. Sie betrachten die Juden als Gottesmörder und sind jeglichem Dialog abgeneigt", sagte der Schweizer Theologe, der in Tübingen lebt. Das zeige sich auch darin, dass die Bruderschaft die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehne, das "die Fenster der Kirche auf die Welt hin geöffnet hat".

Nach einem Bericht des Kölner Stadt-Anzeigers ist die Pius-Bruderschaft weiter auf Konfrontationskurs. Für Ende Juni seien bereits die nächsten Priesterweihen angesetzt, obwohl solche Weihen den vier abtrünnigen Bischöfen der Bruderschaft verboten seien, berichtete die Zeitung.

Positive Reaktionen auf Widerrufsforderung des Vatikans

Positiv äußerte sich die israelische Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem zur Widerrufsforderung des Vatikans an Williamson. "Wenn die höchste moralische Autorität der Kirche zum Ausdruck bringt, dass die Leugnung des Holocaust inakzeptabel ist, dann ist das eine entscheidende Botschaft für die ganze Welt", erklärte Jad Vaschems Direktor Avner Schalev in Jerusalem.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich mit der Reaktion von Papst Benedikt XVI. auf die Kritik in der Affäre um den Holocaust- Leugner Williamson zufrieden. Die Aufforderung des Vatikans zum Widerruf der Thesen sei ein "wichtiges und gutes Signal", sagte die CDU-Politikerin am Donnerstag in Berlin.

Weiter Streit um Wortmeldung der Kanzlerin

Unterdessen warfen jedoch erneut mehrere Unionspolitiker, darunter Bundestagspräsident Norbert Lammert und der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (beide CDU), Merkel wegen ihrer Papstkritik vom Dienstag eine Einmischung in Kirchenangelegenheiten und einen unangemessenen Ton gegenüber dem Kirchenoberhaupt vor. Merkel hatte als erste Regierungschefin überhaupt gefordert, dass von Seiten des Papstes und des Vatikans "sehr eindeutig" klargestellt werden müsse, dass es "keine Leugnung" des Holocaust geben kann.

Kramer vom Zentralrat der Juden kritisierte im Sender N24 wiederum die Haltung Lammerts. "Der Herr Bundestagspräsident Lammert hat sich dazu verschrieben, die Kritiker, unter anderem die Bundeskanzlerin aber auch andere so abzuqualifizieren und zu diffamieren, dass er ihre Kritik als "bösartig und unredlich" beschrieben hat." Die Äußerungen Merkels seien gerechtfertigt gewesen. "Hier werden die Kritiker diffamiert. Es wird so getan, als ob die katholische Kirche ein rechtsfreier Raum wird von Seiten dieser Person. Das ist unerträglich", so Kramer.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler nahm den Papst in Schutz. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung bezeichnete er Merkels Kritik als "ignorant und kaltherzig". Im Meinungskampf auf Kosten des Papstes einen Punkt zu machen, sei nicht die Aufgabe einer CDU-Vorsitzenden.Vielmehr habe die Parteiführung auch die Aufgabe, das unendlich Positive dieses Pontifikats zu betonen, erklärte Gauweiler. Die politische Klasse habe sich einst um den Papst gedrängt, um an seiner Popularität Anteil zu haben. Das heute kein Wort zu seiner Verteidigung zu hören sei, finde er "niederschmetternd", sagte Gauweiler.

Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler verteidigte Merkel hingegen. "Die Bundeskanzlerin hat ein politisches Interesse daran, dass es zwischen der katholischen Kirche und den deutschen Juden nicht zu einem Aufreißen von Gräben kommen", sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Da Papst Benedikt XVI. aus Deutschland stamme und der Holocaust in Deutschland stattgefunden habe, "haben wir für das Verhältnis von Christen und Juden eine besondere Verantwortung".

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