Am Anfang war der Steckbrief: "Wer hat Informationen, die zur Verurteilung dieser Menschen führen?" stand darauf, daneben war das Gesicht von Burkhart Braunbehrens zu sehen. Wenig später bekam der 71-Jährige Post - in einem wattierten DIN-A5-Umschlag steckten eine Patrone und ein rußverschmierter Zettel. "Mit Ihren Geschäften geben Sie Kindern und deren Eltern keine Chance auf ein glückliches Leben", war darauf zu lesen.
Es war der vorläufige Höhepunkt einer Kampagne gegen den Rüstungshersteller Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und dessen Eigentümer, zu denen auch Burkhart Braunbehrens zählt. Die fragwürdige Aktion rückt einen Rüstungsdeal ins Licht der Öffentlichkeit, den die Verantwortlichen wohl am liebsten geheim gehalten hätten.
Mehr als 200 Panzer vom Typ Leopard 2-A7+ sollen demnach an das saudi-arabische Königshaus geliefert werden. Die Bild am Sonntag spricht gar von bis zu 800 " Leos" - wie die 60-Tonnen-Ungetüme von Soldaten genannt werden. Die Bundesregierung will sich dazu nicht äußern. Rüstungsdeals sind Geheimsache.
Ein Sprecher von Krauss-Maffei Wegmann beharrt, es gebe "keinen Auftrag". Nur bei den Eigentümern der Münchner Rüstungsfirma wird derweil offenbar über das Geschäft gestritten. Grund dürfte auch die Aktion des "Zentrums für politische Schönheit" sein.
Das Künstlerkollektiv war schon mehrmals mit provokanten Aktionen in Erscheinung getreten. 2009 wollte die Gruppe die Kanzlerkandidaten Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier auf Ebay versteigern (Mindestgebot: 68 Philippinische Pesos), ein Jahr später errichteten die Künstler vor dem Brandenburger Tor einen Berg aus Schuhen, um an das Massaker von Srebrenica zu erinnern.
Im Mai dieses Jahres lobte das Zentrum 25.000 Euro Belohnung aus für Hinweise, welche die KMW-Eigner hinter Gitter bringen. "Die Eigentümer gehören ins Gefängnis für den schmutzigsten Waffendeal der jüngeren bundesdeutschen Geschichte", sagt Philipp Ruch, der selbsternannte "Chefunterhändler" des Kollektivs. Etwa 70 Hinweise sind seinen Angaben zufolge bereits eingegangen. Im Internet sammelt die Gruppe in einer Art digitalem Pranger Informationen über die KMW-Eigner.
Über Manfred Bode, den "Waldorfschüler", wie die Künstler den Aufsichtsratsvorsitzenden nennen, ist da zu lesen, dass er in seiner Villa in Kassel ein abgeschottetes Leben führe und Träger des Bundesverdienstkreuzes sei. Über Beatrice Braunbehrens ("Die Fotografin") erfährt man, dass sie vor nicht allzu langer Zeit Geld an eine Patienten-Stiftung gespendet habe. Und Werner Zimni ("Der Taucher") mache gerade den Sportbootführerschein. Die Angeprangerten schweigen bislang. Nur der Künstler Burkhart Braunbehrens, der die Unternehmensanteile einst von seinem Vater geerbt hat, ging in die Offensive.
Der ehemalige Wortführer der Heidelberger Studentenproteste geißelte im ZDF die "Mafiamethoden" seiner Kritiker. "Das ist eine Grenzüberschreitung." Braunbehrens sagte aber auch, dass er einen Leopard 2-Export nach Saudi-Arabien "nicht für verantwortlich" halte. Ein solches Geschäft wäre ein "Affront gegen die arabische Rebellion". Sein Einfluss bei Krauss-Maffei Wegmann sei jedoch "sehr begrenzt". Er habe deswegen einen Brief an Bundespräsident Joachim Gauck geschrieben mit der Bitte, den Deal zu stoppen.
Der KMW-Miteigentümer stellte sich damit offen gegen mögliche Geschäfte seines Unternehmens. Vergangene Woche, so berichtete es die taz, wurde Braunbehrens deshalb aus dem Gesellschafterrat von KMW gewählt. Das Unternehmen wollte dies am Montag nicht bestätigen, Braunbehrens war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Auch auf seiner Homepage ist kein Wort zu einem Rauswurf zu finden - dafür ein Bild: Es zeigt Braunbehrens vor einem Panzer. Einem Panzer, der auf dem Dach liegt. Er ist kampfunfähig.