Panama Papers:Nach dem Beben

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Die Recherchen lösen weltweit Reaktionen aus und werden mit dem Pulitzer-Preis belohnt, der höchsten Ehrung im Journalismus. Doch die Freude ist getrübt.

Von Frederik Obermaier, Bastian Obermayer

Die Firmenschilder mit der Aufschrift "Mossack Fonseca" sind längst abmontiert, im Finanzdistrikt von Panama-Stadt weist nichts mehr auf die Büros jener Anwaltskanzlei hin, die von April 2016 an im Mittelpunkt der Panama- Papers-Recherchen stand. Wie später bei den Paradise Papers waren der Süddeutschen Zeitung vertrauliche Daten zugespielt worden. Die Unterlagen zeigten, dass Mossack Fonseca nicht nur Premierministern und Diktatoren geholfen hat, ihre Gelder zu verstecken, sondern auch Drogenkartellen, Mafiaclans, Betrügern, Waffendealern und Regimen wie Nordkorea oder Iran. In etlichen Ländern kam es nach den Veröffentlichungen zu Massendemonstrationen, der isländische Premier Sigmundur Gunnlaugsson trat zurück, ein gutes Jahr später wurde Pakistans Regierungschef Nawaz Sharif wegen der Enthüllungen geschasst. Im April 2017 wurden die Panama-Papers-Recherchen schließlich mit dem Pulitzer-Preis gewürdigt, der höchsten Auszeichnung im Journalismus.

Die Panama Papers haben in zahlreichen Ländern eine Diskussion über Steueroasen ausgelöst sowie über die Fragen, was sich gehört und wie viel Transparenz nötig ist. Auf Malta etwa, wo etliche hochrangige Regierungspolitiker wie der Kabinettschef und ein Minister in den Papers auftauchen, demonstrierte die Opposition im Parlament. Die Politiker trugen Schilder mit der Aufschrift "Ich habe keine geheime Firma in Panama." Den Rest konnte man sich dazudenken: im Gegensatz zu so manchem Regierungsmitglied.

Die Panama Papers werden mit dem Pulitzer-Preis belohnt. Bei der Feierstunde für die SZ: Bastian Obermayer (2. v.r.) und Frederik Obermaier (3.v.r.). (Foto: Scilla Alecci)

Zahlreiche Länder haben als Reaktion auf die Veröffentlichungen ihre Gesetze verschärft, darunter Indien und auch Deutschland. "Panama-Plan" hieß das Projekt unter Finanzminister Wolfgang Schäuble. In der Mongolei und in Ecuador ist es seither sogar für Politiker und Beamte verboten, Offshore- Firmen zu besitzen.

Mittlerweile laufen in etwa 80 Ländern Ermittlungen gegen die Kanzlei Mossack Fonseca oder ihre Kunden, mehrere Hundert Millionen Euro haben die Behörden weltweit eingetrieben; Untersuchungsausschüsse wurden eingesetzt, Büros, Wohnungen oder Warenhäuser durchsucht, Verdächtige festgenommen. Die EU-Antikorruptionsbehörde Olaf nahm Ermittlungen auf, ebenso das USJustizministerium.

Mitte 2017 wurde überraschend bekannt, dass das Bundeskriminalamt offenbar im Besitz von fast drei Terabyte Mossack-Fonseca- Daten ist, die aus unbekannter Quelle angekauft wurden. Eine Arbeitsgruppe von 25 BKA-Beamten und sieben Steuerfahndern durchsucht die Daten nach Hinweisen auf Illegales. Sie hat bereits erste Erfolge: Die Münchner Staatsanwaltschaft stellte zwei Millionen Euro sicher, die den Panama Papers zufolge aus einstigen schwarzen Kassen von Siemens in Südamerika stammen. Das Geld ist offenbar von einem früheren Manager veruntreut worden, wie zuerst die SZ berichtete. Insgesamt laufen in Deutschland Hunderte Ermittlungen, es geht um Betrug, Steuerdelikte oder Geldwäsche.

Die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia, die auch über die Panama Papers berichtete, wurde am 16. Oktober 2017 ermordet. (Foto: dpa)

Den Teil dieser Daten, der Malta betrifft, wird das BKA nach SZ-Informationen an die maltesische Polizei geben. Am 16. Oktober 2017 wurde die maltesische Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia durch eine Autobombe ermordet. Die streitbare Journalistin und Bloggerin hatte unter anderem über die Verwicklungen der Politik-Elite in die Panama Papers recherchiert, ohne selbst Teil des ursprünglichen internationalen Recherche- Teams gewesen zu sein. Das Motiv für den Anschlag ist noch vollkommen unklar.

Um die Kanzlei im Zentrum des Sturms ist es indes ruhig geworden. Mossack Fonseca wurde mehrmals durchsucht, die beiden Eigentümer - der Panamaer Ramon Fonseca sowie sein deutscher Kompagnon Jürgen Mossack - wurden zwischenzeitlich festgenommen, gegen Kaution aber wieder freigelassen. Die Ermittlungen gegen sie dauern an. Längst hat auch der panamaische Präsident Juan Carlos Varela seinen Freund und Berater Fonseca fallen lassen. Die firmeninterne Privatbank - vermutlich der problematischste Teil der Firma - wurde abgewickelt, die meisten Filialen wurden geschlossen, der Großteil der Angestellten entlassen.

In der Offshore-Welt ist Mossack Fonseca, oder was davon übrig ist, geächtet. Die Firma hat verloren, was das zentrale Versprechen der Branche ausmacht: die Verschwiegenheit.

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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