Panama Papers:In die Grauzone fällt jetzt Licht

  • Lux-Leaks, Swiss-Leaks und schließlich Panama Papers: Die Finanzbranche ist wie keine andere betroffen von den Enthüllungen mutiger Whistleblower.
  • Die Politik reagiert dabei oft nur mit großen Worten. Der damalige US-Präsident Obama beispielsweise forderte nach den Panama Papers eine internationale Steuerreform.
  • Die Panama Papers haben nach Einschätzung von Nichtregierungsorganisationen das Potenzial, tatsächlich etwas zu bewirken.
  • In den meisten Ländern hat die Justiz allerdings bisher konsequenter gehandelt als die Politik.

Von Alexander Mühlauer, Frederik Obermaier und Vanessa Wormer

Wenn es nicht so ein ernstes Thema wäre, könnte man Wetten darauf abschließen: Welcher Politiker fordert als Erstes mehr Transparenz, wer ruft nach einem neuen Leak am lautesten "weg mit den Steueroasen!"? Wohl keine Branche war in jüngerer Zeit derart betroffen von Enthüllungen mutiger Whistleblower, von internationalen Teamrecherchen wie die Finanzbranche. 2013 deckten Offshore-Leaks Geschäfte in der Karibik und der Südsee auf, 2014 Lux-Leaks die Steuerdeals großer Konzerne, 2015 kam dann Swiss-Leaks und 2016 schließlich: die Panama Papers. Die politische Reaktion ist immer dieselbe: Es folgen große Worte.

Nach den weltweiten Veröffentlichungen der Panama Papers plädierte sogar der damalige US-Präsident Barack Obama, für eine internationale Steuerreform, um in der Offshore-Grauzone für mehr Klarheit zu sorgen: "Das Problem ist, dass vieles davon legal und nicht illegal ist." Auch die OECD, die Europäische Union, die Vereinten Nationen äußerten sich. Doch was ist daraus ein Jahr später geworden?

Nach Einschätzung von Nichtregierungsorganisationen wie dem Netzwerk Steuergerechtigkeit haben die Panama Papers das Potenzial, tatsächlich etwas zu verändern - anders als die früheren Leaks. Die Panama Papers hätten die Welt aufgerüttelt, sagt Porter McConnell, Direktor der Nichtregierungsorganisation Financial Transparency Coalition. Bisher hat allerdings die Justiz in den meisten Ländern konsequenter gehandelt als die Politik.

Immerhin haben die Panama Papers in zahlreichen Ländern eine Diskussion ausgelöst, was sich für Politiker gehört und was nicht, wie viel Transparenz nötig und wie viel lästig ist. Auf Malta etwa, wo die Namen des Kabinettschefs und eines Ministers in den Papers auftauchen, demonstrierte die Opposition im Februar im Parlament. Die Politiker trugen Schilder mit der Aufschrift "Ich habe keine geheime Firma in Panama" - den Rest konnte man sich dazu denken: ... im Gegensatz zu so manchem Regierungsmitglied. In der Mongolei wurde als Reaktion auf die Panama Papers ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, das Politikern und Beamten den Besitz von Offshore-Firmen verbieten soll. In Ecuador stimmte eine große Mehrheit für einen ähnlichen Gesetzesvorschlag.

Mittlerweile laufen in rund 80 Ländern Ermittlungen gegen die Kanzlei Mossack Fonseca oder ihre Kunden, Untersuchungsausschüsse wurden eingesetzt oder Verdächtige festgenommen. Auf vier Kontinenten haben Fahnder Büros, Wohnungen oder Warenhäuser durchsucht. In Argentinien läuft eine Untersuchung gegen Präsident Mauricio Macri. Und in Pakistan prüft der Oberste Gerichtshof seit Monaten die Panama-Papers-Verwicklungen der Familie von Premierminister Nawaz Sharif. Aufgrund von Panama-Papers-Berichten haben Regierungen bereits mehr als 100 Millionen Dollar eingetrieben, das sei erst der Anfang, hört man von Ermittlern. Untersuchungen im Bereich der Finanzkriminalität dauerten oft Jahre.

500 Untersuchungen im Zusammenhang mit Mossack Fonseca

Die europäische Polizeibehörde Europol fand in der öffentlichen Panama-Papers-Datenbank des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) 3469 mutmaßliche Übereinstimmungen mit Personen und Firmen aus ihren Datenbanken. 116 der Treffer stehen im Zusammenhang mit einer Untersuchung zu islamistischem Terrorismus. Erst vor wenigen Tagen wurde mithilfe der ICIJ-Datenbank ein weitverzweigtes Netzwerk von mutmaßlichen Betrügern aufgedeckt, das sich von Florida bis auf die Karibikinsel Aruba und nach Panama erstreckte. In Deutschland laufen nach Informationen der Süddeutschen Zeitungen rund 500 Untersuchungen im Zusammenhang mit Mossack Fonseca.

Es sollen bereits über 50 Millionen Euro an Steuern, Bußgeldern und Auflagen eingenommen worden sein. In etlichen Ländern ist außerdem die Zahl der Selbstanzeigen gestiegen, in Österreich waren es im ersten Halbjahr 2016 etwa elf Prozent im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Kanada kündigte laut Medienberichten indes an, aggressiver im Kampf gegen Steuerflucht zu sein. Aus der dortigen Einkommensteuerbehörde heißt es, man werde den Betrügern nicht mehr mit Straferlassen entgegenkommen, wenn diese sich selbst anzeigen. Die Behörde wolle mehr Fälle vor Gericht bringen.

Panama selbst stimmte nach den Veröffentlichungen einem Informationsaustausch mit anderen Ländern zu; entsprechende Verhandlungen mit der Bundesregierung stocken jedoch derzeit. Außerdem setzte Präsident Juan Carlos Varela mit viel Tamtam eine internationale Expertenkommission ein. Sie sollte den Ruf des Finanzplatzes Panama retten und Vorschläge ausarbeiten, um zu verhindern, dass der Standort für Geldwäsche und illegale Geschäfte missbraucht wird. So der Plan.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema