Süddeutsche Zeitung

Panama Papers:Steuer-Transparenz in der Politik: Cameron-Gegenspieler warnt vor "Mobbing"

  • Der britische Finanzminister George Osborne erwägt, wie Premierminister Cameron Zusammenfassungen seiner Steuerunterlagen zu veröffentlichen.
  • Camerons Transparenz-Offensive soll Kritiker besänftigen. Zuvor hatte der Premier eingestanden, in den Offshore-Fonds seines Vaters investiert zu haben.
  • Der Premier hat somit in Großbritannien eine Debatte entfacht, wie transparent Politiker in Ämtern sein müssen.

Von Bastian Brinkmann

Nach tagelanger Kritik hat Großbritanniens Premier David Cameron Zusammenfassungen seiner Steuererklärungen im Internet veröffentlicht. In den Panama Papers taucht ein Investment-Fonds seines verstorbenen Vaters Ian Cameron auf, der steuersparend aufgesetzt wurde. Cameron hatte zunächst gesagt, damit nichts zu tun zu haben. Am Donnerstag räumte er aber ein, vor seiner Zeit als Premier in den Offshore-Fonds investiert zu haben. Er habe seine Einnahmen daraus in Großbritannien versteuert, betonte der Premier.

Mit der Veröffentlichung der Steuerunterlagen möchte Cameron Vertrauen zurückgewinnen - und wird offenbar für Finanzminister George Osborne zum Vorbild. Dieser möchte nun ebenfalls seine Steuerdaten veröffentlichen, schreibt der gewöhnlich sehr gut informierte Journalist Robert Peston.

Cameron hat somit in Großbritannien eine Debatte entfacht, wie transparent Politiker in Ämtern sein müssen. Premierminister, "potenzielle Premierminister" und Schatzkanzler sollten transparenter sein, sagte eine Sprecherin von Cameron britischen Medien. "Der Premierminister hat deutlich gemacht, dass es auch für potenzielle Premierminister richtig ist, Steuerbescheide zu veröffentlichen." Das gelte auch für den Schatzkanzler, wie der Finanzminister in Großbritannien formal heißt, und für den Kandidaten der Opposition für das Amt, sagte die Sprecherin. Cameron empfehle diesen Schritt aber nicht jedem, der Politik macht. "Es ist richtig, auf die zu schauen, die die Finanzen der Nation verantworten", sagte die Sprecherin.

Boris Johnson, der scheidende Bürgermeister von London, lehnt Druck, solche Einblicke in die privaten Finanzen zu gewähren, entschieden ab. Er ist aber bereit, seine eigene Steuererklärung zu veröffentlichen. "Ich habe das schon mal gemacht. Ich frage meinen Steuerberater sehr gerne, das noch mal zusammenzustellen", sagte er der BBC. "Keiner sollte gemobbt werden mit dem Ziel, das zu tun", hatte er zuvor dem Telegraph gesagt. Bei den Konservativen gilt Johnson als Gegenspieler von Cameron, vor allem in der Frage des möglichen EU-Austritts. Politiker sollten nicht unter Generalverdacht stehen, sagte Johnson: "Es ist sehr wichtig, dass alle verstehen, dass hier nichts versteckt wird", sagte er.

Finanzministerium erklärt, wie Osborne sein Geld verdient

Am Sonntag, so schreibt der Guardian, hätte das Finanzministerium noch ausgeschlossen, dass Osborne seine Steuerdaten öffentlich macht. Am Montag jedoch ließen sich nun Ministeriumskreise damit zitieren, dass der Minister eine Veröffentlichung in Betracht zieht. Osborne sei "immer glücklich damit, Wege zu erwägen, um noch transparenter zu sein," teilte ein Ministeriumssprecher offiziell mit.

Osborne habe nie in Offshore-Vehikel investiert, betonte das Finanzministerium. Wie er sein Einkommen verdiene, habe er bereits öffentlich gemacht: Zu seinem Gehalt kämen Mieteinnahmen aus einer Londoner Immobilie, außerdem halte er Anteile an der Firma seines Vaters. Das Unternehmen Osborne & Little verkauft Tapeten.

Ausgerechnet Cameron habe aber Schwierigkeiten damit, Osborne zu genehmigen, seine Steuerunterlagen ebenfalls zu veröffentlichen, schreibt der Fernsehjournalist Peston, in dessen Sendung der Premier sein früheres Offshore-Investment offenbarte. Denn wenn Osborne seine Finanzdaten öffentlich macht, könnte dies die anderen Kabinettsmitglieder ebenfalls dazu zwingen, ihre finanziellen Verhältnisse offenzulegen.

Konservativer Abgeordneter: "Das muss irgendwo aufhören"

Eine schottische Politikerin hat bereits ihre vollständige Steuererklärung von 2015 veröffentlicht. Nicola Sturgeon, Erste Ministerin - Regierungschefin - der schottischen Regierung und Vorsitzende der Scottish National Party, hat ihre komplette Steuererklärung gescannt und auf der Seite ihrer Partei online gestellt.

Johnson ist mit seiner Kritik nicht alleine. Mehrere Abgeordnete der regierenden Tory-Partei beschwerten sich anonym in der konservativen Times. Cameron sei "ein bisschen zu weit gegangen", sagte ein Parlamentsmitglied der Zeitung. Ein anderer fragt, wer jetzt noch alles Steuerdaten offenlegen müsste. "Wo hört das auf? Bei BBC-Journalisten, Richtern?" Ein weiterer hofft, dass Osborne sich doch noch anders entscheidet und seine Unterlagen nicht offenlegt. "Das muss irgendwo aufhören."

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