Der Finanzier
Krieg kostet Geld, und das Geld stammt in Syrien laut Geheimdienstexperten auch von einem Geschäftsmann namens Rami Makhlouf, der in den Panama Papers immer wieder auftaucht. Der Cousin von Assad gilt als der reichste Mann Syriens und als wichtigster "Finanzier des Regimes". Als Kinder waren er und Assad Spielkameraden, heute sind sie Verbündete.
Es ist nicht auszuschließen, dass Rami Makhlouf genau das Geld liefert, mit dem beispielsweise Giftgas herstellt wird, Foltergefängnisse unterhalten und die gefürchteten Schabiha-Milizen mit Waffen und Fahrzeugen ausgestattet werden. Bereits im Jahr 2008 - als deutlich wurde, dass sich eine kleine Clique mit dem Plazet Assads auf Kosten der Bevölkerung bereichert - setzen die USA ihn auf ihre Sanktionsliste. Makhlouf habe "missbräuchlich von der öffentlichen Korruption des syrischen Regimes profitiert und diese unterstützt", begründeten die USA dies.
Zu dem Zeitpunkt zählte Rami Makhlouf seit mindestens zehn Jahren zu den Kunden von Mossack Fonseca. Seit 1998 wurde er von der Kanzlei als Mehrheitsaktionär der Firma Polter Investments mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln geführt. Spätestens 2002 hätte Mossfon wohl klar sein können, wer Makhlouf ist - und wie eng er mit dem Regime von Assad verbandelt ist. In jenem Jahr trafen bei Mossfon Unterlagen zu einem Gerichtsfall zwischen Drex Technologies und einer ägyptischen Firma ein. Darin ist zu lesen, dass Rami Makhlouf "der Cousin mütterlicherseits des aktuellen syrischen Präsidenten ist". Dennoch teilte Mossfon noch im Jahr 2015 dem Schweizer Tages-Anzeiger mit: "Mossack Fonseca WUSSTE NICHT, dass Herr Makhlouf oder irgendwelche andere Assad-Verbündete indirekt unsere Dienstleistungen nutzen oder missbrauchen!" Das war ausweislich der Panama Papers offenkundig falsch.
Rami Makhlouf war nach den Unterlagen auch noch Direktor beziehungsweise Anteilseigner von drei weiteren Firmen in den Panama-Papers: der Cara-Corporation, der Dorling International und der Ramak Limited, alle gegründet zwischen 1996 und 2006 auf den Britischen Jungferninseln und in Panama.
Und dennoch geschah nach dem Ausbruch des Kriegs in Syrien im Jahr 2011 zunächst nichts: Mossack Fonseca verwaltete weiterhin ein Geflecht von Firmen, das dem Regime des Machthabers Syriens zuzuordnen ist. Dabei gab es in der Kanzlei durchaus Leute, die deswegen Bedenken hatten. So wandte sich die Compliance-Abteilung von Mossfon, also jene Abteilung, die darauf achten soll, dass alle Richtlinien und Gesetze eingehalten werden, im Frühjahr 2011 schriftlich an die Partner und Geschäftsführer. Sie fragte, ob man wirklich weiter mit Rami Makhlouf Geschäfte machen und damit die Sanktionen brechen wolle, die seit 2008 gelten. Solle man nicht lieber auf die Makhloufs als Kunden verzichten? Wenn jemand auf einer Sanktionsliste stehe, sei das doch ein "ernstes Warnsignal", und man sollte sich von so jemandem distanzieren. Ein Kanzleipartner jedoch wischte alle Bedenken vom Tisch: "Von meiner Seite", schrieb er in einer E-Mail vom 17. Februar 2011, könne man die Mahkloufs als Kunden behalten.
Erst nachdem im Mai 2011 auch die Europäische Union dem Beispiel der USA folgte und ebenfalls Sanktionen gegen Makhlouf verhängte, wurden die Firmen nach und nach geschlossen. Am längsten von allen war die Firma Drex Technologies aktiv - sie wurde laut den Panama Papers erst etwa vier Jahre und zwei Monate nachdem Makhlouf von den USA im Jahr 2008 sanktioniert wurde, endgültig geschlossen.
Auf SZ-Anfrage äußerte sich Rami Makhlouf nicht zu der Angelegenheit. Mossfon erklärte, Makhlouf nicht gekannt zu haben, "bis sein Name und seine Verbindung in den Medien berichtet wurden".
Der Folterknecht
Neben Rami Makhlouf tauchen in den Panama Papers auch drei seiner Brüder auf, mithin ebenfalls Cousins von Assad. Wenn heute Hunderttausende Syrer ihr Land verlassen, dann ist ein erheblicher Teil dieser Menschen nicht auf der Flucht vor dem sogenannten Islamischen Staat - sondern vor Assad und Männern wie ihnen: Hafis Makhlouf, zeitweise zuständig für ein Foltergefängnis in Damaskus, außerdem angeblicher Hintermann des Giftgas-Angriffs auf die Stadt Ghuta im August 2013, bei dem Hunderte Syrer starben. Dazu: Ehab Makhlouf, Vize-Chef des Telekommunikationsunternehmens Syriatel, der das Regime offenbar mit Geld versorgt. Und: Eyad Makhlouf, Hauptmann in der syrischen Armee und Geheimdienstoffizier, mutmaßlich beteiligt an zahlreichen Angriffen auf syrische Zivilisten. Alle sind von der EU seit Mai 2011 sanktioniert, alle sind Teilhaber von Firmen, aufgesetzt und verwaltet von Mossfon, teils aktiv bis 2012.
Der Fixer
Auch ein Mann namens Suleiman Marouf war den Panama Papers zufolge Anteilseigner von mindestens einem halben Dutzend Briefkastenfirmen. Diese besaßen teilweise Immobilien in Großbritannien. Marouf hat den Ruf, der "Londoner Fixer" von Assad zu sein: Mittelsmann also für dubiose Geschäfte dort. Suleiman Marouf soll einen jener syrischen Propagandasender, die den Bürgerkrieg angeheizt haben, mit Millionen unterstützt haben. Er hat außerdem - das geht aus E-Mails hervor, die Wikileaks veröffentlicht hat - für Assads Frau Asma teure Ming-Vasen und Armani-Designer-Interior im Londoner Edelkaufhaus Harrods eingekauft, als diese in Europa längst persona non grata war.
Zehn Monate nachdem Marouf auf die EU-Sanktionslisten gesetzt wurde, kam die Compliance-Abteilung von Mossack Fonseca zu dem Schluss: "Gemäß unserer Risikobewertung sind diese Firmen als hochriskant einzustufen." Aber Suleiman Marouf blieb Kunde. 2014 wurde er auf Druck des britischen Außenministeriums von der EU-Sanktionsliste wegen "fehlender gerichtsfester Beweise" gelöscht.
Auf Anfrage erklärte eine von Marouf beauftragte Anwaltskanzlei, die früheren Sanktionen gegen ihren Mandanten basierten "auf falschen und unsubstanziierten Vorwürfen". Nachfragen zu Maroufs mutmaßlicher Tätigkeit für Asma al-Assad blieben unbeantwortet.
Mitarbeit: Will Fitzgibbon, Martha Hamilton