Irgendwann sind Schreie zu hören, die laute Stimme einer Frau, die sehr verängstigt klingt, sie ruft, jemand solle doch bitte die Polizei informieren. Das Szene wurde live im südafrikanischen Fernsehen übertragen, in einem Land, dessen Polizei im Ruf steht, gar nicht oder nur sehr spät auf Hilferufe zu reagieren. Sie machte davon auch dieses Mal keine Ausnahme, nur weil es sich bei dem Hilferuf um die flehentliche Bitte eines Mitgliedes des Panafrikanischen Parlaments handelte. Dieses tagte seit einigen Tagen in einem Vorort der südafrikanischen Metropole Johannesburg.
Das Parlament hat es seit seiner Gründung 2004 zu überschaubarer Bekanntheit gebracht, was sich nun aber geändert haben dürfte, nachdem im Fernsehen und im Internet über mehrere Tage hinweg prügelnde, schreiende und sich gegenseitig bedrohende Abgeordnete zu sehen waren. Und weil die Polizei nicht kam und sonst auch keine friedensbildenden Maßnahmen in Sicht waren, musste der Präsident der Afrikanischen Union (AU), Moussa Faki Mahamat, aus dem Tausende Kilometer entfernten Äthiopien eingreifen. "Die schockierenden Gewaltszenen beschmutzen das Bild dieser ehrwürdigen Institution", sagte der AU-Chef aus Tschad. "Ich rufe alle Parlamentarier dazu auf, zur Besinnung zu kommen und sich an die Verfahrensregeln der Institution zu halten."
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Die Versammlung ist der legislative Arm der Afrikanischen Union, der bisher lediglich beratende Funktion hat. Mehr Macht dem Parlament, forderten einige Abgeordnete zu Beginn der Sitzungsperiode, andere hofften, man könne Lösungen finden für mehr Impfstoffe auf dem Kontinent. Letztlich versank das Treffen schnell im Chaos. Der Streit entbrannte darüber, welche Region künftig den Parlamentspräsidenten stellen darf, die beiden vorhergehenden waren jeweils aus Westafrika, was die dortigen Länder als Argument sehen, dass dies weiterhin so bleiben sollte. Die Mitgliedsländer des südlichen Afrika hingegen wünschen sich, dass sie nun einmal an die Reihe kommen. Es geht um ein bisschen Macht und einige Posten, um Reisepauschalen und Büroschilder.
Versammlung wird vorzeitig aufgelöst
Fast 250 Abgeordnete hat das Parlament, AU-Mitglieder, die den Parlamentsvertrag ratifiziert haben, dürfen fünf Abgeordnete entsenden. Da das westliche Afrika mehr Staaten hat als der Süden und auch der Osten eine große Koalition anführt, sind diese Regionen in der Mehrheit. Die südlichen Staaten argumentieren, dass in der Afrikanischen Union das Rotationsprinzip gelte, das auch im Parlament anzuwenden sei, aus dem AU-Hauptquartier wurden juristische Einschätzungen angefordert, die von der Gegenseite aber als Fälschung angezweifelt wurden.
Impfungen:Afrika steht ganz unten auf der Liste
Selbst die führenden Länder des Kontinents haben gerade einmal drei Prozent der Menschen das erste Mal geimpft. Trotz vieler Beteuerungen lässt internationale Hilfe auf sich warten.
Und so entstand ein handfester Streit, der sich mehrere Tage hinzog. Immer wieder versuchten Einzelne, die Urnen aus dem Saal zu zerren, der Senegalese Djibril War ist auf Videos dabei zu beobachten, wie er der Südafrikanerin Pemmy Majodina ins Gesicht tritt, eine andere Abgeordnete versprüht Desinfektionsmittel auf Kollegen, der Südafrikaner Julius Malema bedroht sogar einen Abgeordneten mit dem Tode: "Ich bringe dich draußen um."
Malema hatte in einem Interview vor Jahren einmal eine Stärkung der AU gefordert, die zu den Vereinigten Staaten von Afrika ausgebaut werden sollten. Gleichzeitig sagte er: "Ein vereintes Afrika ist eine Gefahr für den Imperialismus und Kolonialismus, sie werden das nie zulassen." Am Dienstag wurde die Parlamentsversammlung vorzeitig aufgelöst.