Die islamistische Palästinenserorganisation Hamas hat erstmals seit ihrer Gründung vor 30 Jahren ihr politisches Programm geändert. Sie veröffentlichte am Montag auf Arabisch und Englisch ein Dokument, in dem sie andeutet, übergangsweise einen Palästinenserstaat "in den Grenzen vom 4. Juni 1967 mit Jerusalem als Hauptstadt" akzeptieren zu wollen. Die Formulierung bezieht sich auf die Lage vor der Besetzung des Westjordanlandes, des Gazastreifens und Ost-Jerusalems durch Israel.
Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge entfällt in dem Papier zudem die bisher stets ausdrücklich formulierte Forderung einer Vernichtung Israels. Dennoch bleibt die Hamas bei ihrem Ziel, das historische Palästina - zu dem auch das heutige Israel gehört - zu "befreien" und das "zionistische Projekt" zu konfrontieren. Die Hamas bekräftigte außerdem den Anspruch auf das ganze historische Palästina sowie auf die Rückkehr der Palästina-Flüchtlinge.
Die im Gazastreifen herrschende Palästinenserorganisation hob hervor, dass ihr Konflikt mit Israel einen politischen und keinen religiösen Charakter habe. Das Dokument unterscheidet zwischen Juden "als religiöse Gemeinschaft auf der einen Seite und der Besatzung und dem zionistischen Projekt auf der anderen Seite".
Israel spricht von Täuschungsmanöver
Die israelische Regierung wies das Papier umgehend als Täuschungsmanöver zurück. "Die Hamas versucht die Welt zum Narren zu halten, das wird ihr aber nicht gelingen", teilte ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit.
Die nun veröffentlichte Ergänzung der Hamas-Charta aus dem Jahr 1988 besteht aus 42 Punkten. Das Dokument wurde zeitgleich mit einer Pressekonferenz des im Exil lebenden Hamas-Chef Chaled Meschaal in Doha ins Internet gestellt. Das Papier erscheint zwei Tage, ehe Mahmud Abbas, der gemäßigte Palästinenserpräsident und PLO-Chef, US-Präsident Donald Trump trifft.
Israel, die EU und die USA stufen die Hamas als "terroristisch" ein. Mit der ersten Änderung der Hamas-Charta will die Hamas - Experten zufolge - in Nahost-Verhandlungen einbezogen werden.