Palästinenser:Präsident Abbas ernennt Regierungschef

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat Rami Hamdallah mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt - dieser hat angenommen. Der Präsident der Uni Nablus hat nun drei Wochen Zeit, ein neues Kabinett aufzustellen. Die USA begrüßen den Schritt, Kritik kommt von der Hamas.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat den Universitätspräsidenten Rami Hamdallah mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Das teilte Abbas' Büro am Sonntagabend mit. Der 54-jährige Hamdallah löst den im Westen geschätzten Salam Fajad ab, der am 13. April nach internen Streitigkeiten zurückgetreten, aber geschäftsführend im Amt geblieben war. Hamdallah hat nun drei Wochen Zeit, eine neue Regierung zu bilden.

Die USA begrüßten die Ernennung von Hamdallah zum Regierungschef. Dies komme "zu einem Zeitpunkt der Herausforderung, der zugleich ein wichtiger Moment der Chance" sei, erklärte US-Außenminister John Kerry.

Die im Gaza-Streifen regierende Hamas bezeichnete die Ernennung umgehend als unzulässig. Der Schritt stelle die geplante Bildung einer Einheitsregierung aus der Fatah-Bewegung um Abbas und der Hamas in Frage, sagte ein Sprecher.

Bei einem Treffen mit Abbas dankte Hamdallah dem Palästinenserpräsidenten für dessen Vertrauen in dieser "für die palästinensische Sache heiklen Zeit". Er wolle dabei dem politischen Kurs von Abbas folgen. Hamdallah soll drei Monate lang an der Spitze einer Übergangsregierung stehen. Anschließend ist die Bildung einer Einheitsregierung der rivalisierenden Palästinenserorganisationen Fatah und Hamas unter Leitung von Abbas vorgesehen. Beide Seiten haben sich darauf geeinigt, ihre gemeinsame Koalition binnen drei Monaten zu bilden. Ähnliche Vereinbarungen zwischen der gemäßigteren Fatah von Abbas und der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas waren jedoch in der Vergangenheit schon mehrmals gescheitert.

Ein Hamas-Sprecher in Gaza bezeichnete die Bildung einer neuen Regierung mit Hamdallah an der Spitze am Abend als illegal. Fausi Barhum sagte, die Ernennung Hamdallahs werde die Probleme nicht lösen.

Hamdallah ist Präsident der Universität in Nablus und Vorsitzender der Börse

Hamdallah war 1998 zum Präsidenten der Al-Nadschah-Universität in Nablus ernannt worden und wirkte später als Vorsitzender der palästinensischen Börse. Der Wirtschaftsexperte hatte an der Universität Lancaster in Großbritannien studiert. Hamdallah ist keine umstrittene Persönlichkeit. Seine Ernennung dürfte sich daher kaum negativ auf die internationalen Bemühungen um eine Wiederaufnahme der seit Jahren unterbrochenen Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern auswirken.

Abbas fordert weiterhin einen israelischen Siedlungsstopp sowie die Freilassung palästinensischer Häftlinge als Bedingung für neue Gespräche. Israel will ohne Vorbedingungen verhandeln. US-Außenminister John Kerry hat in den vergangenen Tagen im Bemühen um neue Verhandlungen Telefongespräche mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und mit Abbas geführt.

Hamdallahs Vorgänger Fajad war im Juni 2007 als Chef der bis heute amtierenden Notstandsregierung von Abbas eingesetzt worden. Entschieden sagte der in den USA promovierte Wirtschaftswissenschaftler der Korruption den Kampf an. Das half der von Abbas geführten Autonomiebehörde, das Vertrauen der internationalen Staatengemeinschaft zu gewinnen, von deren Finanzhilfen die Palästinensergebiete wesentlich abhängen.

Während Fajad im westlichen Ausland hohes Ansehen genoß, galt er vielen Palästinensern als zu USA- und Israel-freundlich. Zudem stieß seine strikte Haushaltspolitik zunehmend auf Kritik der Bevölkerung im Westjordanland. Bei Protestkundgebungen im vergangenen September forderten die Demonstranten seinen Rücktritt. Zum offenen Bruch mit Abbas kam es dann im März im Streit über den Finanzminister, Fajad zog die Konsequenz und reichte seinen Rücktritt ein.

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