Palästinenser:Chef der UNRWA tritt zurück

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Der Leiter des Hilfswerkes für palästinensische Flüchtlinge weist aber Vorwürfe des Missmanagements von sich.

Von Alexandra Föderl-Schmid und Isabel Pfaff, Tel Aviv/Bern

Der Chef des Hilfswerks der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA), Pierre Krähenbühl, hat nach schweren Vorwürfen seinen Rücktritt verkündet. Ihm war in einem internen Bericht Missmanagement vorgeworfen worden. Es gab aber keine Hinweise auf Betrug oder Unterschlagung von Hilfsgeldern. Vize-Chef Christian Saunders übernimmt die Leitung kommissarisch.

Nach seinem Rücktritt nahm der Schweizer Krähenbühl im französischsprachigen Schweizer Fernsehen (RTS) Stellung. Er habe sein Amt niedergelegt, weil die Situation damit "klarer" sei. Die UNRWA befinde sich in einer "hyperpolitisierten" Situation. Es gebe heftige Attacken politischer, finanzieller und persönlicher Natur. "Ich habe diese Vorwürfe immer zurückgewiesen und ich tue es bis heute", sagte Krähenbühl. Er könne versichern, dass es "keinerlei Fälle von Korruption, von Betrug oder von Veruntreuung finanzieller Mittel" gegeben habe. Auch der Vorwurf, er habe eine Liebesbeziehung mit einer Mitarbeiterin gehabt und diese zur Beraterin befördert, habe sich als falsch erwiesen.

Israel hatte die UN-Organisation schon seit Langem kritisiert

Israel kritisiert die UNRWA seit Jahren und wirft ihr vor allem vor, dass die Organisation mittlerweile 5,5 Millionen Palästinensern den Flüchtlingsstatus zuerkennt: Nicht nur denjenigen, die im Zuge der Staatsgründung Israels 1948 flüchteten oder vertrieben wurden, sondern auch ihren Nachkommen. Das Palästinenser-Hilfswerk ist unter anderem in Jordanien, im Libanon, im Westjordanland und dem Gazastreifen tätig. Das israelische Außenministerium rief dazu auf, den gesamten Bericht zu veröffentlichen. "Die Suspendierung Krähenbühls ist der erste Schritt in einem langen Prozess, der notwendig ist, um Korruption zu eliminieren, Transparenz zu erhöhen und die Politisierung der Agentur zu verhindern."

Die USA, einst wichtigster Geldgeber, hatten nach einer Anordnung von Präsident Donald Trump die Gelder für das Palästinenser-Hilfswerk von 360 auf 60 Millionen Dollar im Vorjahr gekürzt. Andere Geldgeber, insbesondere aus der EU, sprangen ein. Deutschland war 2018 als einzelnes Land der größte Geldgeber mit rund 177 Millionen Euro.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den 53-jährigen Krähenbühl hatte auch sein Heimatland Schweiz die Beitragszahlungen gestoppt. Außenminister Ignazio Cassis hatte die Organisation 2018 als Teil des Palästina-Problems bezeichnet: "Indem wir UNRWA unterstützen, halten wir den Konflikt am Leben."

© SZ vom 08.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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