Pakistan: Offensive gegen die Taliban:Drohnen und Dollars

Die USA haben der Regierung in Islamabad ein großes Hilfsprogramm versprochen - aus Sorge, Atomwaffen könnten in die Hände der al-Qaida fallen.

Reymer Klüver

Es geschah in aller Stille. Normalerweise hätte US-Präsident Barack Obama sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen und ein Gesetz vor laufender Kamera unterzeichnet, das einem wichtigen Alliierten Amerikas 7,5 Milliarden Dollar an Hilfe in den kommenden fünf Jahren verspricht.

Pakistan: Offensive gegen die Taliban: US-Soldaten an der afghanisch-pakistanischen Grenze: Auch in Pakistan will Barack Obama künftig mehr Truppen einsetzen.

US-Soldaten an der afghanisch-pakistanischen Grenze: Auch in Pakistan will Barack Obama künftig mehr Truppen einsetzen.

(Foto: Foto: AFP)

Doch Obama unterschrieb am Donnerstag im Weißen Haus hinter verschlossener Tür, um nicht weiter Aufmerksamkeit zu erregen. Das pakistanische Militär hatte sich zuvor lautstark beklagt, dass die USA sich in die inneren Angelegenheiten des Landes einmischen würden, weil das Gesetz als Maßnahme gegen Korruption die genaue Überwachung der Geldflüsse vorsieht. Die Episode zeigt einmal mehr, welch schwieriger Verbündeter Pakistan für die Amerikaner ist - in vielerlei Hinsicht.

In einer Serie von Treffen seines Sicherheitskabinetts überprüft Obama gerade die Strategie für die Region. Im Zentrum der Aufmerksamkeit der amerikanischen Medien steht dabei die Frage, wie viele Soldaten er zusätzlich zu den 68.000 bereits entsandten Männern und Frauen nach Afghanistan schicken will. Weniger Beachtung findet dabei der Umstand, dass eine Entscheidung längst getroffen ist: Der Kampf gegen al-Qaida wird nicht mehr nur in Afghanistan ausgefochten, sondern vielmehr in Pakistan. Deshalb verstärken die Amerikaner nicht allein in Afghanistan ihre Präsenz, auch in Pakistan erhöhen sie deutlich den Einsatz.

Das Vordringen der Taliban im Frühjahr in Richtung der Hauptstadt Islamabad dürfte die Administration in Washington überzeugt haben, dass sie in Pakistan zwei Ziele gleichzeitig verfolgen muss: Sie muss versuchen, die schwache zivile Regierung des Landes zu stützen - weshalb unter anderem das Milliarden-Hilfsprogramm gewährt wurde. Und sie muss das Militär und vor allem den pakistanischen Geheimdienst, der stets beste Beziehungen zu den Taliban unterhalten hat, zu der Einsicht bringen, dass nicht die Inder die größte Bedrohung für Pakistan sind, sondern die Extremisten in den Grenzregionen zu Afghanistan.

Zwar wird es vom offiziellen Washington immer wieder dementiert: Aber hinter allem dürfte auch die Sorge stehen, dass Pakistans Atomwaffen irgendwann einmal in die Hände der Islamisten geraten könnten.

Es ist zudem unübersehbar, wie massiv die USA selbst ihre Präsenz in Pakistan ausbauen - militärisch und zivil. So waren einem Bericht der New York Times zufolge zumindest zeitweise Mitarbeiter des berüchtigten Sicherheitsunternehmens Blackwater in der abgelegenen Militärbasis Shamsi in Belutschistan tätig, um Drohnen mit Bomben und Raketen zu beladen, die für gezielte Schläge gegen Al-Qaida- und Taliban-Führer in der Grenzregion zu Afghanistan eingesetzt werden; ohne Zweifel unter Regie der CIA.

Angehörige von Blackwater überwachten in der Grenzregion auch den Bau eines Ausbildungszentrums für Pakistans Frontier Corps, eine Miliz von Angehörigen der Stämme in der Region unter Führung des pakistanischen Militärs. Das Konsulat in Peschawar, der Hauptstadt der Nordwestprovinz, wird ausgebaut, obwohl die Vereinigten Staaten dort für Pakistaner keine Konsulardienste anbieten. Auch für die Botschaft in der Hauptstadt Islamabad gibt es gewaltige Pläne. Washington will einen Komplex für annähernd 1000 Mitarbeiter bauen.

Zugleich haben die USA ihre Militärhilfe ausgeweitet. Rüstungsmaterial im Wert von etwa 200 Millionen Dollar wird gegenwärtig nach Pakistan verschifft, auch um die Offensive gegen die Taliban zu unterstützen. Dazu zählen offenbar vor allem Hubschrauber. Die amerikanische Hilfe für die pakistanische Armee beläuft sich normalerweise jährlich auf rund 300 Millionen Dollar. Die Lieferungen im gegenwärtigen amerikanischen Haushaltsjahr, das noch bis Ende September 2010 geht, dürften sich indes auf 700 Millionen Dollar belaufen.

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