Pakistan:Oberster Kritiker in der Kritik

Lesezeit: 2 min

Spart gerne Steuern: Imran Khan. (Foto: Asad Zaidi/Bloomberg)

Oppositionschef Imran Khan wetterte gerne gegen den Premier, jetzt kommt heraus: Er besaß selbst eine Briefkastenfirma.

Von Tobias Matern, München

Es ist unwahrscheinlich, dass Imran Khan Zitate des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann kennt. Dabei hätte ein Ausspruch des verstorbenen SPD-Politikers hilfreich für die Arbeit des pakistanischen Oppositionspolitikers sein können: Wer auf andere mit dem Zeigefinger zeige, sollte immer daran denken, dass "drei andere Finger auf ihn selbst zurückweisen". Imran Khan hat wie kein anderer Politiker in Pakistan Premierminister Nawaz Sharif attackiert, weil Mitglieder von dessen Familie in den Panama Papers auftauchen und Briefkastenfirmen besessen haben sollen. Nun steht er selbst am Pranger.

1983 kaufte Khan während seiner Zeit als Cricket-Profispieler in London eine Wohnung - mit Hilfe einer Briefkastenfirma: "Ich musste dort bereits 35 Prozent auf meine Einkommensteuer bezahlen, um also weitere Steuern zu vermeiden, habe ich die Wohnung durch eine Briefkastenfirma gekauft, was mein Recht war, weil ich kein britischer Bürger war", sagte Khan.

Die Reaktionen auf das Geständnis folgten prompt. Die Tochter des Premiers, die in den Panama Papers aufgetaucht war, attackierte Khan scharf: Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter warf sie dem Oppositionspolitiker "Heuchelei" vor. Premier Sharif hatte stets betont, seine Familie habe weder illegal Geld verschoben noch Steuern hinterzogen. Analysten in Pakistan sprechen nun davon, dass der Regierungschef durchatmen kann, weil sein schärfster Widersacher in der Panama-Affäre ein Glaubwürdigkeitsproblem habe.

Sharif hatte nach der Veröffentlichung der Panama Papers versprochen, er werde eine Kommission einsetzen, um die Vorwürfe gegen seine Familie untersuchen zu lassen. Die Opposition zeigte sich mit dem Vorgehen des Premiers und der angepeilten Besetzung der Kommission allerdings nicht einverstanden und boykottierte zeitweilig die Arbeit im Parlament in Islamabad. In dieser Woche kamen sich die Regierungspartei und die Opposition im Abgeordnetenhaus nun näher. Sie vereinbarten, dass beide Seiten jeweils sechs Parlamentarier benennen dürfen, die der Ermittlungskommission zuarbeiten sollen. Doch während die Regierung die Inhalte der Panama Papers und Bestechungsgeld in den Mittelpunkt der Untersuchungen stellen wollen, pocht die Opposition darauf, dass das Finanzgebaren des Premiers untersucht werden soll.

Wie die Zeitung Dawn berichtete, erscheint in den Panama Papers auch die Familie eines anderen prominenten Pakistaners: Abdul Qadeer Khan, nicht verwandt mit dem Politiker Khan. A.Q. Khan ist der Nuklearforscher, dem Pakistan die Atombombe zu verdanken hat. Demnach sollen sein Bruder sowie seine Frau und Töchter eine Briefkastenfirma auf den Bahamas gehabt haben. Khan wies in Dawn alle Vorwürfe gegen die Familie zurück. Bei den Unterschriften, die in den Dokumenten auftauchten und seine Familie belasten sollen, handele es sich um Fälschungen, sagte er.

© SZ vom 21.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: