Pakistan:Milliarden im Gepäck

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Pakistans Premierminister Imran Khan (rechts) hofft, dass Kronprinz bin Salman seinem klammen Land hilft. (Foto: AFP)

Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman besucht Pakistan, das sich große Investitionen verspricht. Aber es geht um viel mehr als Geld.

Von Paul-Anton Krüger, Arne Perras, Singapur

Was Kronprinz Mohammed bin Salman an "persönlichen Dingen" auf der Reise braucht, hat seine Entourage in acht Container verladen und in Pakistan wieder ausgepackt, "samt Möbel und Ausrüstung für den Fitnessraum", wie die Zeitung Dawn berichtete. Natürlich hatte MBS, wie ihn alle nennen, noch viel mehr im Gepäck für die südasiatische Nuklearnation, die nun schon seit Monaten gegen einen drohenden Staatsbankrott ankämpft. Da ist ein zahlungskräftiger Saudi mit einer 1100 Begleiter umfassenden Delegation gern gesehen. Pakistan bezifferte die geplanten Investitionen des Königreichs auf 20 Milliarden US-Dollar, und Adel al-Jubeir, Staatsminister im Außenministerium in Riad, beeilte sich, ausdrücklich zu versichern, dass die Finanzspritzen nicht als "Almosen" zu betrachten seien.

Bis zu zehn Milliarden Dollar sollen allein in den Bau einer Ölraffinerie im Hafen Gwadar in der Provinz Belutschistan fließen. Diesen strategisch bedeutsamen Ort hat China in den vergangenen Jahren als Tor zum Indischen Ozean ausgebaut. Die Investitionen der Saudis bedeuten, dass das pakistanische Militär weitere Baustellen gegen drohende Angriffe von Rebellen und Terroristen abschirmen muss, denn in Belutschistan schwelt ein separatistischer Aufstand. Außerdem haben Verbündete der afghanischen Taliban dort ihre Rückzugsräume, ein explosives Gemisch, das es den meisten Ausländern unmöglich macht, sich dort ohne militärischen Geleitschutz zu bewegen.

Unklar blieb zunächst, wie sich die saudischen Investitionen in die chinesischen Pläne der sogenannten Neuen Seidenstraße integrieren lassen, der Hafen Gwadar gilt als "Juwel" des Vorhabens, das Peking mit Islamabad ausgehandelt und vorangetrieben hat. Für Pakistan scheint erst einmal die Erleichterung zu überwiegen, dass das Land die Saudis als starke Stütze gewonnen hat, zumal das Finanzpaket aus Riad auch Kredite in Höhe von sechs Milliarden Dollar beinhaltet. Die Saudis stärken damit Islamabad in den Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds IMF, der zum 13. Mal ein Rettungspaket für das nahezu bankrotte Land schnüren soll. Außerdem sicherten sie zu, mit der Lieferung von Rohöl und Treibstoffen Pakistans Energieversorgung zu garantieren; Zahlungen dafür sollen erst später fällig werden, hieß es.

Saudi-Arabien und Pakistan, beide überwiegend von sunnitischen Muslimen bewohnt, sind durch eine strategische Partnerschaft verbunden. Riad hat nach Überzeugung westlicher Geheimdienste maßgeblich das Nuklearprogramm finanziert, das Pakistan mit einer Testserie im Jahr 1998 nach Indien zur zweiten Atommacht in Südasien machte. Kronprinz Mohammed bin Salman hat angekündigt, sollte Iran nach der Atombombe greifen, werde Saudi-Arabien nachziehen.

Saudi-Arabien will auch sicherstellen, dass China nicht zu viel Einfluss gewinnt

Er strebt den Aufbau einer zivilen Atomindustrie an, lehnt es aber ab, auf Technologien zur Urananreicherung oder zur Wiederaufarbeitung zu verzichten, die auch militärisch genutzt werden können. Immer wieder gab es Berichte über ein geheimes Übereinkommen, das Saudi-Arabien im Gegenzug für seine Finanzhilfe Zugang zu pakistanischer Atomwaffentechnologie oder sogar Sprengköpfen gewähren soll. Damit konfrontiert sagte Pakistans Außenminister Shah Mehmood Qureshi der Süddeutschen Zeitung, sein Land sei der Nichtweiterverbreitung verpflichtet. Der Wissenschaftler Abdul Qadeer Khan, der als einer der Väter des pakistanischen Atomprogramms gilt, hatte Wissen und Ausrüstung an Iran, Libyen und Nordkorea verkauft. Auch plant der Kronprinz eine eigene Herstellung ballistischer Raketen. Pakistan verfügt über ein umfangreiches Arsenal.

Iran macht Pakistan und auch Saudi-Arabien sowie die Vereinigten Arabischen Emirate verantwortlich für einen Selbstmordanschlag auf einen Bus der Revolutionsgarden in der an Pakistan grenzenden Provinz Sistan-Belutschistan, bei dem mindestens 27 Soldaten der Elitetruppe getötet wurden. Die Tat sei von Pakistan aus geplant worden sein, sagte Parlamentspräsident Ali Laridschani am Sonntag. Das Außenministerium bestellte den pakistanischen Botschafter ein. Die sunnitische Extremistengruppe Jaisch al-Adl beanspruchte die Tat für sich; sie nutzt die angrenzenden Stammesgebiete in Pakistan als Rückzugsgebiet. In der Provinz leben viele Mitglieder der sunnitischen Minderheit in Iran, es gibt separatistische Bestrebungen.

Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman tourt derzeit durch mehrere Länder in Asien; nach seiner ersten Station Pakistan reist er an diesem Dienstag nach Indien weiter, Ende der Woche wird er in China erwartet und offenbar auch in Südkorea. Analysten sehen in der Reise den Versuch des Kronprinzen, nach der Krise um den Mord an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi und Spannungen mit westlichen Staaten international Vertrauen zurückzugewinnen und Allianzen in Asien zu festigen. Indem Riad die Nähe Pekings und Moskaus sucht, demonstriert es den USA und Verbündeten in Europa, dass es nicht auf sie angewiesen ist. In Pakistan geht es für Saudi-Arabien auch darum, dass der Einfluss Chinas auf den traditionellen Verbündeten nicht zu groß wird.

© SZ vom 19.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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